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2017-06-02 DE – Gelsenkirchen - Amphitheater
 
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Blues Pills - Candlemass - The Dead Daisies - Mantar - Robert Pehrsson's Humbucker - Dust Bolt

:: Fotos ::

 

[BRT] :: DUST BOLT :: kommen aus Bayern und haben bereits drei Longplayer draussen, die recht gut angekommen sind. Klassischer Bay-Area-Thrash mit einer Prise Teutonen-Thrash passt wohl ganz gut als musikalische Beschreibung.
[Sui] Von DUST BOLT habe ich leider nur ein paar entfernte Klänge über den Nordsternpark schallen hören, klang aber geil nach Thrash mit leicht hardcorigen Vocals. Schade also. [Psycho] Das kann ich soweit bestätigen – wie wäre es mal mit einer Leinwand im Eingangsbereich?
[BRT] Jo, da war ich wohl etwas schneller – zu blendender Sonne setze ich mich ins Amphitheater in Erwartung des thrashmetallischen Eröffnungszuges und holte mir erst mal einen kräftigen Sonnenbrand. DUST BOLT gaben Gas und rotzen ihre Songs mit viel Energie und ordentlich Drive ins Rondell, dass für einen Opener schon amtlich gefüllt ist. Einen Originalitätspreis werden die Herren sicherlich nicht einsacken, aber wenn interessiert’s – die Mucke knallt, die Jünger sind zufrieden. Guter Start.
[Dajana] Dem kann ich nur zustimmen. Die Jungspunde starten mit einer Wahnsinns Energie und rissen alles ab, von der ersten bis zur letzten Minute. Das hat richtig gefetzt. Was für ein Auftakt!
Setlist: SxTx, Abo, Awake The Riot - The Final War, Soul Erazer, Slayer, Toxic Attack, Agent Thrash, Mind The Gap

[BRT] :: ROBERT PEHRSSON`S HUMBUCKER :: haben ihre musikalische Reputation bei den Hellacopters eingesackt und ihre beiden, eher kürzeren Longplayer, haben durchgehend gute Kritiken erhalten. Classic Rock mit viel Thin Lizzy Gitarren, die Erwartungshaltung ist schon hoch.
[Sui] Aber ROBERT PEHRSSON’S HUMBUCKER war sowieso eine der Bands, auf die ich am meisten gespannt war. Ein im Vorfeld hochgelobter Insider-Tip aus dem Bereich Classic oder High Energy Rock erwartete mich... leider nicht. Classic ja, aber die Energie fehlte leider völlig, nicht nur bei der Bühnenpräsenz, sondern auch bei den Songs. Von Ausnahmegitarrist konnte an diesem Tag leider auch nicht die Rede sein, denn besagter Herr PEHRSSON gniedelte seine Standard-Licks und -Riffs zu Standard-Songs mit Standard-Soli, bei denen er sich sogar ab und zu vergniedelte. Es war nicht mal völlig schlecht, nur leider völlig belanglos.
[Psycho] Von dieser Band kannte ich im Vorfeld nur einen Song, der mich bereits nicht vom Hocker gerissen hatte. Von daher lag meine Erwartungshaltung bei Null, und die wurde zu 100 % erfüllt. Ohne Schwung und Dynamik wurde belangloser Hard Rock gespielt, das reicht heute einfach nicht mehr. Überflüssig.
[BRT] Leider konnten die Herren die hohen Erwartungen so gar nicht erfüllen. Die Songs wurden leider drucklos, lahm und ohne Charisma runtergenudelt. Dass ROBERT PEHRSSON ein gutes Händchen für Melodien und Refrains hat, steht außer Frage, aber all dies auf die Bühne zu bekommen hat an diesem Nachmittag leider gar nicht geklappt. Leider langweilig und ohne jegliche Energie.
Setlist: Traveling Through The Dark, The Hollow In A Rising Tone, Distant Bound, Wasted Time, Zero Emotion, The Somber Sleeps, Haunt My Mind, Serious, Pretender, Send Her My Love, Who Else Is On Your Mind

[BRT] Duos scheinen grad angesagt zu sein, wenn man mal Bands wie Bölzer oder eben :: MANTAR :: als Beispiele nimmt. MANTAR haben zwei abgefeierte Platten veröffentlicht und sich auch schon als energetische Live-Band einen guten Ruf erspielt. Die Frage war nur – kommt diese Energie auch auf einer großen Bühne rüber oder gehört die Band in einen Club. [Sui] MANTAR sind (zumindest in meiner sehr lückenhaften Wahrnehmung) irgendwie die deutsche Band der Stunde im Extrem-Metal-Bereich. Genre-mäßig schwer einzuordnen irgendwo zwischen Doom, Black und Death mit Punk-Anleihen fällt zunächst einmal die Duo-Besetzung ins Auge. Diese scheint einem immer häufiger zu begegnen, aber selten mit so kompromissloser Härte. Die Intensität, mit der die beiden ihren Krach raushauen, ist schon beeindruckend. Mir als altem Bassisten fehlt natürlich was, auch wenn die tiefen Frequenzen – oh Segen moderner Technik – natürlich mithilfe des ausgeklügelten Amp- und Effekt-Setups trotzdem ordentlich vertreten sind. Die Songs hauen kräftig auf die Fresse, zumal Drummer und Gitarrist perfekt aufeinander eingespielt sind. Dennoch macht sich die instrumentale Limitierung nach einer Weile bemerkbar. Es bleibt wenig hängen, da es nur wenig Abwechslung in den Songs gibt. Solos, Hooklines oder andere Leads – Fehlanzeige. Bei mir hielt die Spannung ungefähr 20 Minuten, obwohl die folgenden Songs kaum schwächer waren.
[Psycho] In der Tat sind MANTAR die aktuellen Shooting Stars der deutschen Szene. Ich hatte das Duo vorher noch nie live gesehen und war gespannt, wie man z.B. zu zweit die Riesenbühne füllen und die naturgemäßen Sound- und Songwriting-Probleme lösen wollte. Nun, auf jeden Fall gingen die beiden ab wie Schmitz Katze, Action satt. Die zusammengekoppelten Amps bröselten alles zusammen, was nicht bei drei auf den Bäumen war, und die Ansagen bewegten sich in etwa auf Mille-Niveau. Kein Wunder also, dass MANTAR richtig gut ankamen, zumal sie auch einige gute Songs im Gepäck hatten. Auf Dauer wurde das Ganze aber ein wenig eindimensional, da fehlt es halt doch an den Möglichkeiten, die durch mehr Musiker entstehen.
[BRT] MANTAR sind im Club eine richtig knorke Live-Band, die mit ihrem schweren Sludge-Black-Doom-Punk anscheinend einen Nerv getroffen haben. Nicht anders lässt sich die Erfolgswelle erklären, auf der die Jungs reiten. Starke Songs, viel Charisma und Bewegung auf der Bühne. Dass da nur zwei Typen agieren, fällt nicht negativ ins Gewicht. MANTAR rocken, knarzen und bringen schon ne ganze Portion Aggression rüber. Aber ja, etwas eindimensional wird es mit der Dauer, auch wenn Gitarrist Hanno eine ganze Palette an Effekten einsetzt, um den walzenden Sound variabler zu gestalten.
Setlist: Cult Witness, Praise The Plague, Into The Golden Abyss, Spit, Cross The Cross, Pest Crusade, Astral Kannibal, The Huntsmen, Era Borealis, White Nights

[Psycho] Kontraste nächster Teil, denn jetzt wurde Hard/Heavy Rock vom Allerfeinsten geboten. Die :: DEAD DAISIES :: bestehen ausschließlich aus alten erfahrenen Haudegen, denen man einfach abnimmt, was sie da machen. Vor allem, wenn es so gekonnt runtergezockt wird. Nichts, was ich mir zu Hause anhöre, aber definitiv ein gute Laune-Garant und schön knackig. Da hatte das Programmheft (welches übrigens reichlich veraltete Bandfotos enthielt) tatsächlich nicht zu viel versprochen.
[Sui] John Corabi war einstmals der Sänger des einzigen musikalisch ernst zu nehmenden Mötley Crüe Albums. Heute ist er Frontmann der All-Star-Sidekick-Band THE DEAD DAISIES und die wirkten in Kontrast zu Robert Pehrsson’s Humbucker verdammt lebendig (Ich hätte es kaum besser ausdrücken können – Dajana). Der professionell aber auch leidenschaftlich gespielte Old School Hard Rock verbreitete sofort gute Laune. Die Band war perfekt eingespielt und dass die Songs, die sie einen nach dem anderen raushauten, zur Hälfte Coverversionen alter Klassiker waren, störte dann auch nicht groß. Originell waren sie sicher nicht, dafür war der Unterhaltungswert umso größer.
[BRT] Hmmhh, die sind irgendwie an mir vorbeigegangen, oder ich an ihnen. Was ich mitbekommen habe, war solide aber auch sehr vorhersehbar.
Setlist: Long Way to Go, Mexico, Make Some Noise, Fortunate Son (Creedence Clearwater Revival cover), Last Time I Saw The Sun, Join Together (The Who cover), (Drum Solo), With You And I, Mainline, Helter Skelter (The Beatles cover), We're An American Band (Grand Funk Railroad cover), Midnight Moses (The Sensational Alex Harvey Band cover)

[Psycho] Der Tag ging schnell rum, der Abwechslung sei Dank! Und jetzt kam doch glatt schon das Highlight des Tages: :: CANDLEMASS ::. Hätte ich vorher nicht unbedingt erwartet, aber die Schweden präsentierten sich in prächtiger Spiellaune und offerierten ein Hit-Potpourri mit Schwerpunkt auf dem Nightfall Album. Größter Pluspunkt war aber (mein heimlicher Lieblings-) Sänger Mats Levén, der einfach einen geilen Job macht. Selbst die Klassiker, die Messiah Marcolin auf den Leib geschrieben zu sein schienen, brachte er super rüber – was will man mehr? CANDLEMASS wurden jedenfalls völlig zurecht vom Publikum abgefeiert. Hoffentlich bleibt die Band in dieser Besetzung noch lange zusammen.
[Sui] CANDLEMASS hatte ich zu deren ersten Glanzzeiten nie so richtig auf dem Schirm, weil ich damals eher auf Thrash stand und mir gerade keine weitere Ausrede einfällt. Das war definitiv ein Fehler. Denn auch die aktuelle Besetzung verbreitet episches Doom-Charisma vom Feinsten. Die Glanzzeit ist definitiv noch nicht vorbei!
[BRT] CANDLEMASS mein Tageshighlight. Ich habe die letzten Jahre bei CANDLEMASS zwar nur eher mäßig mitverfolgt, aber über die ersten drei (oder vier) Scheiben geht ja mal nichts. Und dann spielen die Jungs bis auf den Opener nur Songs der ersten Platten, großartig. Die Band hatte Spaß und brachte die alten Klassiker mit Spielfreude und Elan rüber. Mats Levén macht seine Sache super, kein Frage – aber ihm fehlt auf der Bühne schon das Charisma eines Messiah Marcolin. Aber das soll den Auftritt keineswegs schmälern. CANDLEMASS waren definitiv die beste Band am Freitag!
[Dajana] Ohne groß was vorweg nehmen zu wollen, CANDLEMASS waren nicht nur das Highlight am Freitag ;) Mehr muss ich dazu wohl nicht sagen.
Setlist: Born In A Tank, Bewitched, Dark Reflections, Gothic Stone, The Well Of Souls, A Cry From The Crypt, Dark Are The Veils Of Death, Under The Oak, At The Gallows End // Mirror Mirror, Crystal Ball, Solitude

[Sui] Retro-Rock, die dritte. :: BLUES PILLS :: sind ja auch keine Debütanten auf dem RHF mehr. Doch ihr erster Auftritt von 2014 ließ mich an den Headliner-Qualitäten doch etwas zweifeln. Damals hatten sie etwas Mühe, 45 Minuten musikalisch zu überzeugen und jetzt doppelt so lang? Nach einem etwas lahmen Intro geht es verhalten weiter. Die Sängerin hat zweifellos an Bühnenpräsenz dazugewonnen, aber der Vergleich eines Kumpels “So würde Janis Joplin heute klingen”... definitiv nein. Das Ganze wirkt zu glatt, zu perfekt, zu einstudiert, zu wenig echter Blues in der Seele. Im Lauf des Gigs steigern die BLUES PILLS das Energie-Level und haben ihre besten Momente, wenn sie straight nach vorne rocken. Kategorie, nicht schlecht, tut keinem weh und ist schnell wieder vergessen.
[Psycho] Gerade über den Headliner-Slot der BLUES PILLS wurde im Vorfeld viel diskutiert. Für meinen Geschmack hätte dieser Platz eher an Dirkschneider gehen müssen, aber ich gebe gerne zu, dass das eine sehr subjektive Meinung ist. Im Gegensatz zum ersten RHF-Auftritt der Band, den ich im Nachhinein als eher etwas verhuscht oder zurückhaltend bezeichnen würde, demonstrierte die Band diesmal ein enormes Selbstbewusstsein. Viel Bewegung, eine omnipräsente (und durchaus gut singende) Frontfrau und die insgesamt passende Hintergrundoptik ergaben soweit ein stimmiges Bild. Musikalisch ist das für meinen Geschmack aber immer noch total belanglos oder sogar nervig, da liegt für mich auch klar der Unterschied zu einer Band wie den Dead Daisies, deren Material in meinen Ohren deutlich zeitloser klingt. Die Hinzunahme eines Keyboarders (eher Organisten) verbessert die Situation da auch nicht. Aber um das vorwegzunehmen: nicht nur die BLUES PILLS litten unter einer geringeren Publikumsresonanz im Vergleich zum Co-Headliner, sondern dieses Schema zeigte sich auch an den beiden folgenden Tagen. Da es sich um ein Phänomen handelt, welches auch in den letzten Jahren häufig zu beobachten war, muss man den RHF-Planern doch ein schlechtes Händchen bei der Reihenfolge attestieren...
[BRT] Hab die Band jetzt schon ein paar Mal live gesehen und so richtig gepackt haben sie mich nie. Keine Frage, Elin Larsson hat eine wunderbare Stimme und Dorian Sorriaux ist ein klasse Gitarrist. Aber meiner Meinung nach wird die Band weder live noch auf Platte den immensen Vorschusslorbeeren gerecht. Als Headliner vielleicht nicht die Idealbesetzung, war der Auftritt aber durchaus stark. Elin Larsson geht etwas mehr aus sich heraus, während der Rest der Band eher den Bewegungsradius auf einem Bierdeckel ausnutzt. Die Songs kommen live wesentlich dynamischer als auf Konserve und ich fand es durchaus unterhaltsam. Hmmhh ja, die Platten muss ich mir trotzdem nicht unbedingt zulegen, da ist irgendwie noch Luft nach oben.
Setlist: Lady In Gold, Little Boy Preacher, Black Smoke, Bliss, Bad Talkers, Won't Go Back, Little Sun, Elements And Things (Tony Joe White cover), You Gotta Try, Astralplane, High Class Woman, Ain't No Change, Gone So Long, Somebody To Love (Jefferson Airplane cover), Devil Man

[Psycho] Und da war er schon wieder vorbei, der erste Festival-Tag. Insgesamt eine kurzweilige Angelegenheit, obwohl nicht alle Bands überzeugen konnten. Dazu ein nur dezenter Sonnenbrand, da konnte ich es auch verknusen, dass ich kein Grevensteiner mehr gekriegt habe – obwohl das weiteres Standard-Veltins nach sich ziehen sollte...

 

story • Psycho, Sui, BRT, Dajana • pics © Dajana & Dajana Winkel • Photography