2016-05-14 DE – Gelsenkirchen - Amphitheater
 
Main
 

Turbonegro - Metal Church - Kadavar - The Exploited - Grand Magus - Tribulation - Sorcerer - Accu§er

:: Fotos ::

[Psycho] Wer technisch anspruchsvollen deutschen Thrash Metal hören wollte, musste einen Tag warten und dann ganz früh aufstehen, denn Tag 2 wurde fulminant von :: ACCU§ER :: eröffnet. Die Siegener zeigten sich insgesamt bewegungsfreudiger und aggressiver als ihre Kollegen vom Vortag (sind allerdings auch einige Jahre jünger), hatten aber vor allem bei den Songs die Nase vorn. Schade, dass die Uhrzeit einen größeren Publikumszuspruch verhinderte, aber auch so reichte es tatsächlich zu einer Zugabe…
[Dajana] Hier stimme ich uneingeschränkt zu! ACCU§ER haben in der Tat einen brachialen Start hingelegt. Und die noch nicht so zahlreich anwesenden Fans haben ordentlich Stimmung gemacht…
[Sui] Kann mich ebenfalls Psycho nur anschließen: Als ACCU§ER die Bühne enterten, war das Rund noch sehr spärlich besetzt. Und so verpassten die meisten Fans einen extrem geilen Gig eines weiteren deutschen Thrash-Urgesteins, das den Samstag auf deutlich höherem Niveau einläutete als der Freitag geendet hatte. Für mich einer der besten Opener, die ich bisher auf einem RHF gesehen habe. Auch der Sound war, zumindest direkt vor der Bühne, besser als am Vortag. Und so kam die komplexe Rhythmik wuchtig, groovig und präzise durch die PA geknallt.
Setlist: Rotting From Within, Repent, Unreal Perception, Who Dominates Who, Symbol Of Hate, Impending Doom, Sadistic Terror

[Psycho] Danach kam mit :: SORCERER :: gleich das nächste Highlight, was nicht nur am plötzlich glasklaren Sound lag. Tolle Melodien, unkitschige Epik verpackt in große Songs und ein begnadeter Sänger ergaben einfach eine mitreißende Melange. Die Schweden deckten ihre gesamte Schaffensperiode ab, so dass man ihrem Auftritt nur ein (unverschuldetes) Manko anlasten kann: er war leider viel zu kurz. So macht Doom Metal Spaß, was ausdrücklich kein Widerspruch ist…
[Dajana] Mir waren die Schweden ja schon im letzten Jahr beim Leafmeal Festival positiv aufgefallen. Und diesen Eindruck konnten sie hier auch noch vertiefen. Witzig war der Spruch von Sänger Anders Engberg, als er den letzten Song der Show ankündigte, nämlich The Sorcerer vom 1992iger Kassetten-Demo The Inquisition, als er meinte, dass viele im Publikum wohl gar nicht mehr wüssten, was eine Kassette überhaupt ist und damit vermutlich auch noch recht hat. Die Lacher hatte er jedenfalls auf seiner Seite. Das letztjährige SORCERER Debütalbum (ja Debüt!) In The Shadow Of The Inverted Cross und die nachfolgende EP Black gingen jedenfalls weg wie warme Semmeln und waren kurz nach dem Gig komplett ausverkauft. Toller Erfolg für die Band will ich meinen :)
[Sui] Dass die aktuelle EP Black noch während des SORCERER-Auftritts ausverkauft war, spricht schon eine deutliche Sprache. Der epische Doom in der Tradition von Solitude Aeturnus wirkte dank der großen Bandbreite zwischen sanfter Schwermut und fetten Metal-Riffs nie langweilig, am Ende fühlte es sich sogar viel zu kurz an. Die Schweden hatten zudem den – mit Mike Howe – besten Sänger des RHF 2016 am Start.
Setlist: Born With Fear, The Dark Tower Of The Sorcerer, Northern Seas, Lake Of The Lost Souls, Prayers For A King, The Sorcerer

[Psycho] :: TRIBULATION :: sind schon auf Platte nicht mein Ding – live wurde es dann nicht besser. Ok, es gab viel Bewegung auf der Bühne, aber auch da kann man es übertreiben, oder warum musste Gitarrist Jonathan permanent seinen Namen tanzen? Immerhin eine gut eingespielte Band, die weiß was sie will, aber trotzdem einfach nicht meine Musik.
[Dajana] Zugegeben, TRIBULATION wirken im Club um einiges intensiver. Da kommt das Mystische und Okkulte deutlich besser zur Geltung. Die Ballerina-Tanzeinlage von Jonathan Hultén ist allerdings neu. Respekt für die grazile Haltung auf den Absatzschuhen und das dynamische Herumwirbeln. Allerdings hätte Jonathan mit weniger Bewegung sicherlich sauberer gespielt, hätte sein Plec nicht verloren oder sich am Ende eben nicht auf die Nase gelegt. Optisch war die TRIBULATION Show definitiv ein Knaller. Ebenso wie die Fragen hinterher zur „Frau“ in der Band… ;)
Setlist: Intro (לילה), Strange Gateways Beckon, Melancholia, In The Dreams Of The Dead, Rånda, Ultra Silvam, The Motherhood Of God, When The Sky Is Black With Devils

[Psycho] Nachdem es für :: GRAND MAGUS :: in den letzten Jahren eigentlich nur nach oben ging, gab es für die neue Platte zum ersten Mal vermehrt kritische Stimmen. Vielleicht freute sich die Band deswegen so sehr darüber, wie sie vom Publikum abgefeiert wurde. Entscheidend ist schließlich immer noch auf dem Platz… ;-) Der Auftritt selber war auf jeden Fall grundsolide, angereichert mit reichlich Mitsing-Parts für die Masse, was gut ankam. Hätte die Band jetzt noch Merchandise dabei gehabt, wäre das sicherlich ein lukrativer Tag geworden…
[Dajana] So sehr ich GRAND MAGUS in der Vergangenheit geliebt habe… das neue Album Sword Songs konnte mich so gar nicht vom Hocker reißen, weil es keine Entwicklung oder Fortschritt aufwies. Es ist einfach nur eine Fortsetzung von bekannten und bewährten Sounds und Trademarks der Band. Das schlug sich auch auf die Show nieder. Die war gut, aber lange nicht mehr so mitreißend wie man es von GRAND MAGUS mal gewohnt war.
[Sui] Grundsolide ist hier wohl das entscheidende Wort. GRAND MAGUS boten nicht weniger als gute Metal-Hausmannskost, aber leider auch nicht mehr. Schon die Songtitel entlocken mir eher ein Schmunzeln als eine Gänsehaut und irgendwie wirkte das Ganze auf mich wie der Raw-Mix eines Albums, bei dem aber noch die entscheidenden Details fehlen: eine wirklich mitreißende Stimme wie (einst) Eric Adams, oder die großen Twin-Guitars von (einst) Tipton/Downing, die ganz großen Riffs. Der klassische Konsens-Metal wurde von der Menge zwar gut abgefeiert, war aber danach schnell wieder vergessen. Eben grundsolide, aber leider auch etwas beliebig.
[BRT] GRAND MAGUS sind einfach eine geile Live-Band! Präsenz, Spielfreude und jede Menge Mitgröhlhymnen… mir macht‘s Spass! Die, wenn auch kurze Setlist, ist der Knaller. Ja gut, das Trio kommt auf ner kleinen Bühne natürlich noch ne Spur besser rüber, keine Frage.
Setlist: I, The Jury, Sword Of The Ocean, Like The Oar Strikes The Water, Varangian, Steel Versus Steel, Arv, Triumph And Power, Iron Will, Hammer Of The North

[Psycho] Und wieder mal eine Band, die man eigentlich nicht auf einem Metal-Festival erwarten würde. Ok, Energie hatten :: THE EXPLOITED ::, aber leider klang auch irgendwie alles gleich, spätestens nach dem dritten Song. Damit gestaltete sich die Stunde Spielzeit dann doch recht zäh. Sänger Wattie brüllte die ganze Zeit irgendwas ins Mikro, was aber vermutlich niemand außer ihm verstanden hat. Dauerte daher auch eine ganze Weile, bis das Publikum kapiert hatte, dass man doch zum von Elke vehement geforderten Sex & Violence auf die Bühne klettern sollte. Der so etablierte Mosh-Pit on Stage war dann allerdings wirklich spektakulär.
[Sui] Der räudige Asi-Punk von THE EXPLOITED wirkte nach Grand Magus wie ein wohltuender Schlag in die Fresse. Aber wie es mit solchen Schlägen nun mal so ist: Irgendwann ist es auch mal gut. Bei den musikalischen Abrissbirnen aus Schottland war dieser Punkt nach ca. einer halben Stunde erreicht. Wäre das von der Feministen-Fraktion frenetisch geforderte Sex & Violence nicht gekommen, inklusive dem von Psycho beschriebenen Security-Albtraum, wäre das Punk-Intermezzo wohl eher unspektakulär geendet.
[Dajana] Es hatten schon so einige die wenig intelligenten Ansagen und Sprüche von Wattie verstanden, wie zahlreiche Diskussionen in den sozialen Netzwerken hinterher belegten. Ich hatte THE EXPLOITED bisher nie live gesehen. Das ist jetzt hiermit abgehakt. Und yep, ne halbe Stunde hätte völlig ausgereicht.
[BRT] Fachfrau Elke erklärt mir in 30 Sekunden kurz alle Songtexte und ihren lyrischen Tiefgang, so kann ich kurz darauf auch jede Zeile von THE EXPLOITED mitgröhlen. Das ist ca. 29 Songs lang ganz nett, aber da gefühlt noch 30 weitere gespielt wurden, war der Witz irgendwann raus. Sagen wir es so, wir hatten bei THE EXPLOITED jede Menge Spaß, was aber nicht an deren musikalischer Klasse lag, die war da eher nicht vorhanden. Wenn Punk, dann doch lieber Discharge, Propagandhi oder Adolescents, da ist irgendwie mehr drin! Von dummen Ansagen habe ich nur gelesen, das debile Gestammel von Wattie hat wahrscheinlich eh nur Cthulhu verstanden...
Setlist: Let's Start A War (Said Maggie One Day), Fightback, Dogs Of War, UK 82, Chaos Is My Life, Dead Cities, Alternative, Noize Annoys, Never Sell Out, Rival Leaders, Troops Of Tomorrow (The Vibrators cover), I Believe In Anarchy, Holiday In The Sun, Cop Cars, Beat The Bastards, Fuck The System, Porno Slut, Army Life, Fuck The USA (featuring Schmier from Destruction), Sex & Violence (with stage invasion), Was It Me

[Psycho] :: KADAVAR :: sehen so aus, als ob sie sich schon seit Anfang der 70er die Bärte wachsen lassen, quasi die ZZ Top des Stoner Rock. Leider hat die Mucke des Trios für mich genauso einen langen Bart. Trotzdem haben sie vielen ihrer Retro-Kollegen eins voraus, nämlich eine enorme Bühnenpräsenz. Vor allem Drummer Tiger ist da ein echter Augenfang. Insofern für mich das Beste (und eigenständigste), was bisher aus dieser Richtung auf dem RHF gespielt hat.
[Sui] Die Berliner Stoner KADAVAR gingen da wesentlich gesitteter als ihre Punk-Vorgänger zur Sache. Groovender Hard Rock mit authentischem 70s Vibe, gut gespielt und mit fetten Riffs, die sich allerdings bisweilen etwas wiederholten. Was bei KADAVAR echt wohltuend ist: Sie verzichten auf allzu offensichtliche Sabbath- oder Thin Lizzy-Reminiszenzen und sind sehr eigenständig. Die Fans ließen sich von dem einsetzenden Regen nicht beirren und feierten die Stoner ab.
[BRT] Jau, KADAVAR machen Spaß und heben sich vom Retrorock-Allerweltskram inzwischen doch recht deutlich ab, sind auf der Bühne allerdings schon arg statisch. Gut, dass es da Drummer Tiger gibt, der tritt im Alleingang Arsch was das Zeuch hält. Irgendwie ist mir nach einer gigantischen Tüte, aber leider ist der Nachschub vermutlich bei KADAVAR im Backstage gelandet. Na gut, geht auch halbwegs nüchtern…
Setlist: Lord Of The Sky, Pale Blue Eyes, Doomsday Machine, The Old Man, Last Living Dinosaur, Living In Your Head, Black Sun, Goddess Of Dawn, Thousand Miles Away From Home, All Our Thoughts // Come Back Life

[Psycho] So, dann war es so weit: der heimliche Headliner :: METAL CHURCH :: durfte endlich ran. Band und Fans hatten diesen Augenblick wohl alle gleich dringend herbeigesehnt, so dass das Publikum mit einem Hammerauftritt und die Band mit frenetischen Reaktionen und vielen glücklichen Gesichtern belohnt wurden. Denn METAL CHURCH kamen, spielten und siegten. Mit Fake Healer gab’s direkt einen grandiosen Auftakt, und danach ging’s hochklassig weiter. Mike Howe war sichtlich angetan und gab alles, wirkte beim Gesang aber manchmal etwas übermotiviert und dann leicht kreischig (vor allem bei Reset), was aber der Stimmung keinen Abbruch tat. Musikalisch lag der Schwerpunkt generell auf Songs der Howe-Ära, und bis auf die Phase zwischen 1999 und 2013 wurde ansonsten alles irgendwie berücksichtigt. Für eine angemessene Würdigung des Schaffens dieser Metal-Legende war es natürlich viel zu wenig Zeit, aber egal, Hauptsache, die Band ist wieder da!
[Sui] Trotz der drei bisherigen Highlights des Tages konnte ich dann den Auftritt der US-Powermetal-Legenden METAL CHURCH kaum noch erwarten. Direkt bei Fake Healer, dem Hammersong vom ersten MC-Album mit Mike Howe, brachen alle Dämme. Zwischen dem fulminanten Opener und dem grandiosen The Human Factor gab es einen Klassiker nach dem anderen auf die Ohren. Der Sound war großartig, bis auf ein paar technische Probleme bei Rick Van Zandt, nur die Stimme von Mike Howe biss manchmal etwas in den Ohren. Ein geiler Gig, bei dem der Regen irgendwie egal war.
[Dajana] Ja, ja, jaaaa! METAL CHURCH sind wieder da! Auf diese Show hatte ich mich ganz besonders gefreut und die Erwartungen wurden dabei noch positiv übertroffen. Was für eine großartige Show! Ich persönlich hatte an Mike Howe’s Stimme überhaupt nix auszusetzen. Tatsächlich war ich ziemlich platt, wie gut er noch singen kann. Mal davon abgesehen, dass er wie ein Flummi über die Bühne hopste. Mit knapp 51… Gut, das Gitarren-Solo von Rick Van Zandt war vielleicht ein bisschen zu langatmig, aber sonst war diese Show DAS Highlight des ROCK HARD FESTIVALS 2016!
[BRT] Watt soll ich dazu noch sagen, die Kollegen haben es auf den Punkt gebracht! METAL CHURCH waren die beste Band des Festivals. Tolle Songs, geiler Sound und Spielfreude galore.
Setlist: Fake Healer, In Mourning, Start The Fire, Reset, Gods Of Second Chance, Date With Poverty, No Tomorrow, Watch The Children Pray, No Friend Of Mine, Killing Your Time, Beyond The Black // Badlands, The Human Factor

[Psycho] Mit den abschließenden :: TURBONEGRO :: konnte ich mich schon bei ihrem letzten Auftritt beim RHF nicht anfreunden, und das war diesmal auch nicht anders. Entweder hatte die Band diesmal auch nicht genug eigenes Publikum gezogen, oder andere Zuschauer hatten das gleiche Empfinden wie ich, aber die Stimmung war deutlich mauer als vor 4 Jahren.
[Dajana] Ja, es war deutlich leerer im Amphitheater. Ich konnte bisher ebenfalls wenig mit den Norwegern anfangen und das wird sich auch nicht ändern. Ist einfach nicht mein Ding. Und daher trollten wir uns dann auch beizeiten. Keine wilden Parties, kein exzessives Gelage. Der Haufen alter Leute quetschte sich einfach ins Auto, um beizeiten mit den heimischen Daunen zu kuscheln…
[Sui] Zugegeben, ich hab mich von meiner Mitfahrgelegenheit nicht wirklich ungern nötigen lassen, den Auftritt von TURBONEGRO vorzeitig nach dem 4. Song zu verlassen. Lag aber eher daran, dass ich bei einstelligen Temperaturen gefroren habe wie ein Schneider. Ok, gegen Metal Church wirkte der Spaß-Punk etwas zahnlos. Death Punk ist das jedenfalls nicht, auch wenn der Sänger diesmal einen besseren Eindruck machte als bei ihrem letzten RHF-Gastspiel.
[BRT] Joah, TURBONEGRO waren ganz nett, wenn auch recht karnevalig. Komisch, dass gar nicht so viele Turbojugend-Leute am Start waren. Zwei, drei richtige Knaller haben sie ja schon gespielt, aber da ist leider auch viel Ausschuss dabei. Meine Begeisterung hielt sich ebenfalls in Grenzen.
Setlist: Hot For Nietzsche, We're A Norwegian Band (Grand Funk Railroad cover), You Give Me Worms, All My Friends Are Dead, Are You Ready (For Some Darkness), City Of Satan, Blow Me (Like The Wind), Dude Without A Face, I Wanna Come, Back To Dungaree High, Special Education, Drenched In Blood (D.I.B.), Sell Your Body (To The Night), Wasted Again, Fuck The World (F.T.W.), Get It On // The Age Of Pamparius, Don’t Say Motherfucker - Motherfucker, Dirty Deeds Done Dirt Cheap (AC/DC cover), I Got Erection

 

story • Psycho, Sui, BRT, Dajana • © Dajana & Dajana Winkel • Photography