2016-05-13 DE – Gelsenkirchen - Amphitheater
 
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Sodom - Destruction - Tankard - Satan - Year Of The Goat - Sulphur Aeon

[BRT] Freitag morgens - Jens weckt mich mit Coca-Schnaps - soll das Zähneputzen ersetzen und gleichzeitig Kaffee-ähnliche Wirkung zeigen. Na gut, ich mache mal böse Miene zum guten Spiel und geb dem Schädel ordentlich Dosenbier hinterher. So richtig gut sehen die Leute alle nicht aus... nüchtern werden die wenigsten geblieben sein. Dazu ballert die Sonne fast schon schmerzhaft auf uns herab und dann wird auch noch dem Grill ordentlich Zunder gegeben. Staubt.

[Psycho] Ja, an Tag 1 lachte die Sonne noch - komisch, dass die das immer bei den härteren Acts macht… Allerdings wehte doch ein teilweise recht kühler Wind (wie an allen Tagen), der zumindest am Freitag den Soundmann vor unlösbare Probleme stellte. Das führte zu einem generell sehr verwaschenen Sound während des ganzen Tages, wurde aber zum Glück an den Folgetagen besser. Heute stand natürlich der Teutonic-Triple-Thrash-Terror im Fokus des Interesses, nachdem Kreator im Vorjahr ja mal wieder grandios überzeugen konnten. Man durfte also gespannt sein, wie sich die nationale Konkurrenz dazu im Vergleich schlagen würde. Zunächst aber ein sehr unstressiges Einlassprocedere dieses Jahr, da nicht so voll wie sonst. Das galt zumindest am Kassenhäuschen für Journalisten, das Rund war hingegen bereits sehr gut gefüllt.

:: Fotos ::

[Psycho] :: SULPHUR AEON :: hatten also bereits richtig viel Publikum, als sie Punkt 15:00 Uhr die Bühne betraten. Angekündigt als derzeit beste Death Metal-Band Deutschlands, litten sie als erste (und sehr fatal) unter dem matschigen Sound. Gerade bei den atmosphärischen oder ganz schnellen Passagen konnte man vieles nur erahnen, dazu gab es leider auch nur ein sehr statisches Stageacting. So sprang der Funke folglich nicht rüber – von der Publikumsresonanz her einer der schlechteren Opener der letzten Jahre.
[BRT] Einspruch Euer Ehren… als Präsident des Anti-Blastbeats/Hammond-Orgel Komitees sind Sie nicht objektiv, daher kann Ihre Aussage für die Geschworenen gestrichen werden. Davon abgesehen war der Sound unten im Pit durchaus druckvoll und klar.
Aber ja, wie soll man bei Sonne, tollen Temperaturen und 5,08 Promille Alkohol im Blut in aller Ernsthaftigkeit an einem düster-deathmetallischen Ritual zu Ehren der Großen Alten teilnehmen? Die Frage erledigte sich ganz schnell von selbst, da die fünf Hohepriester von SULPHUR AEON so dermaßen Gas gaben und ihr giftiges Gebräu aus Death- und Black Metal mit Schmackes in die ordentlich angetretene Schar ballerten. Die Songs der beiden LPs Swallowed By The Oceans Tide und Gateways To The Antisphere kommen live richtig geil rüber. Da Publikum ging gut mit, obwohl es dieses Mal keinen Party-kompatibleren Opener zur Kaffee und Kuchen Zeit gab. Experiment gelungen. Wenn das Live-Ritual allerdings für das schlechte Wetter der folgenden zwei Tage verantwortlich war, möge die Verursacher jedenfalls der Cthulhu holen…
[Dajana] Da bleibt mir nicht mehr viel zu sagen. Ich bin ein erklärter Fan von SULPHUR AEON, muss aber zugeben, dass ich die Cthulhu-Anhänger auch schon lebhafter erlebt habe. Da gebe ich Psycho Recht, die Performance war schon sehr statisch.
Setlist: Incantation, Abysshex, Titans, Swallowed, Inexorable Spirits, Gateway To The Anti, Onwards... Towards

[Psycho] Musikalisch passten :: YEAR OF THE GOAT :: gar nicht in den Freitag, aber warum sie trotz dreier Gitarren so kraftlos klangen, wollte sich mir trotzdem nicht erschließen. Aber ich habe auch nicht kapiert, was an dem ideenlosen Uralt-Hardrock so okkult sein soll… Wie ihre Vorgänger hatten sich die Musiker zudem am Bühnenboden festgetackert, und warm genug war ihnen anscheinend auch. Langweilige Vorstellung ohne Höhepunkte.
[BRT] Auch YEAR OF THE GOAT spielen eher zur falschen Tageszeit und bei unpassenden Temperaturen. Ich finde deren Musik ja eher herbstlich. Egal, der getragene Seventies-Sound der Jungs, die mit ein paar Griftegard-Mitgliedern am Start sind, kommt gut rüber. Hat eher was von The Doors, Thin Lizzy und The Eagles als denn von Doom Metal. Klingt dennoch frisch und anders. The Unspeakable, das aktuelle Album, hat ja an einigen Stellen schon fast poppige Züge, leidet hier live aber etwas an dem inhomogenen Sound. Dem alten Herrn muss ich dieses Mal zumindest in dem Punkt Okkult beipflichten. Dieses Etikett hat sich langsam echt ausgelutscht. Watt issn daran bitte okkult?
Setlist: The Key And The, ...Of Fire, Pillars Of The Son, Black Sunlight, Of Darkness, Vermin, Riders Of Vulture

[Psycho] Wie man hingegen Leute begeistert, ließ sich anschließend bei :: SATAN :: bestaunen. Denn da gab es mitreißende Musikalität, eine mit Händen greifbare Spielfreude und geile, originelle Songs. Und damit auch die ersten bemerkenswerten Lebenszeichen aus dem Publikum. Einziger Wermutstropfen (neben den Soundproblemen): die viel zu kurze Spielzeit. So konnte das Suspended Sentenced-Album gar nicht berücksichtigt werden, auch wenn es sonst eine Mischung quer durch alle Schaffensperioden gab. Für mich auf jeden Fall der klare Tagessieger!
[BRT] Atom By Atom ist ein absoluter Knaller! Die Spielfreude, die die Jungs aus Newcastle auf Platte gebannt haben, setzt auf jeden Fall neue Maßstäbe. Da können sich die ganzen schwedischen Milchbärte mal ne Scheibe von Abschneiden. Ansonsten kann ich dem oben Geschriebenen wenig hinzufügen.
[Dajana] SATAN waren scheinbar mit selbigen im Bunde und dieser mochte seine Aura wohl nicht in digitalen Pixeln festgehalten sehen, denn seine unsichtbare Macht ließ eine meiner beiden Kameras den Error 99-Tod erleiden. Daher nur eine begrenzte Auswahl an Bildmaterial. Tat aber der furiosen Show keinen Abbruch ;)
Setlist: Intro, Trial By Fire, Blades Of Steel, The Devil‘s Infantry, Twenty Twenty Five, Break Free, Atom By Atom, Siege Mentality, Oppression, Testimony

[Psycho] Weiter ging es mit :: TANKARD ::. Bei ihrem letzten Besuch in der Arena 2012 fühlte ich mich von Gerre und seinen Jungs überraschend gut unterhalten. Diesmal war es leider langweiliger, und das lag nicht nur daran, dass Gerre relativ früh die Puste ausging. Die ganze Show war sehr straight: kaum Gags, Schwerpunkt auf schnelle Thrasher, aber alles sehr eindimensional. Überrascht war folglich nur die Kamerafrau des WDR, die von Gerre auf die Bühne gezehrt, kurz angeschmachtet und dann als A Girl Called Cerveza vorgestellt wurde. Da hat man bei TANKARD doch eine andere Erwartungshaltung – hätte besser sein können.
[Dajana] Das ist eben der Nachteil bei „Spass“-Bands. 2 oder 3 Mal mag es unterhaltsam sein, aber dann läuft es sich eben tot.
[Sui] Die letzten Akkorde von Empty Tankard hallten durch das Amphitheater, als ich mir mein erstes Bier des Tages zapfen ließ. YEAR OF THE GOAT und vor allem SATAN hätte ich zwar gern gesehen, aber so schaffte ich es immerhin noch pünktlich zu den beiden teutonischen Thrash-Urgesteinen DESTRUCTION und SODOM.
Setlist: The Morning After, Fooled By Your Guts, Rapid Fire (A Tyrant's Elegy), Rules For Fools, R.I.B. (Rest in Beer), MetaltoMetal, Not One Day Dead (But One Day Mad), Chemical Invasion, A Girl Called Cerveza, Rectifier, (Empty) Tankard

[Psycho] Auf :: DESTRUCTION :: war ich schon sehr gespannt, schließlich wollte sich das Trio auf die allerersten Scheiben konzentrieren und hatte im Vorfeld auch einige weitere Überraschungen versprochen. Mitte/Ende der 80er war das einer meiner Lieblingsbands und damals eindeutig die beste der Teutonic 4. Das kann man so heute nicht mehr sagen. Auch mit dem Special-Set gelang es zumindest bei mir nicht, das alte Feeling wieder heraufzubeschwören. Höhepunkt war daher das Venom-Cover Black Metal, zusammen mit Gerre und Tom gesungen. Die Idee, die damaligen Schlagzeuger mit einzubeziehen und drei Drum-Kits auf die Bühne zu stellen war immerhin nett, aber was Andy Brings auf der Bühne wollte, wusste er wahrscheinlich selber nicht. Da konnte auch der Butcher nichts mehr retten. Durchwachsener Gig also, der übrigens am meisten unter dem schwammigen Sound litt. Kein Wunder, dass die Resonanz bei Tankard doch größer war.
[Dajana] Ich würde das Verhalten von Andy Brings auf der Bühne als hochnotpeinlich bezeichnen, wie er sich da das T-Shirt vom Leibe riss und in die Menge schmiss und sich dabei feiern ließ wie einen Popstar. Was zur Hölle sollte das?
[Sui] Ich muss zugeben, dass bei mir in Sachen Thrash auch in den 80ern immer die Amis die Nase vorn hatten, und so sind auch DESTRUCTION zu einem großen Teil an mir vorbeigegangen. Insofern hatte ich keine bestimmten Erwartungen, abgesehen von einem unterhaltsamen Trip in die deutsche Metal-Geschichte. Unterhaltsam war es fraglos, dafür sorgte zum einen der Hackebeilchen schwingende Mad Butcher, der immer mal wieder zähnefletschend durch das Set wankte. Zum anderen waren zumindest die meisten Songs, die sogar ich aus der Ur-Ära kannte, vorhanden. Dennoch wirkte der Auftritt eher lauwarm, was aber auch dem Gesamtsound geschuldet war: Bei einer Triobesetzung muss jedes Instrument voll präsent sein, den Bass hat man aber leider zumindest in den Rängen kaum gehört. Nun ja, ein DESTRUCTION-Fan bin ich immer noch nicht, aber langweilig war es jedenfalls nicht.
Setlist: Curse The Gods, Mad Butcher, Eternal Ban, Life Without Sense, Nailed To The Cross, Invincible Force, Antichrist (Tommy Sandmann on drums), Reject Emotions (Oliver Kaiser on drums), Sign Of Fear (Oliver Kaiser on drums), Tormentor, The Butcher Strikes Back, Second To None, Death Trap, Total Desaster (Andy Brings on 2nd guitar), Black Metal (Venom cover – Tom Angelripper/Gerre), Bestial Invasion

[Psycho] In Anbetracht der sonstigen Darbietungen des heutigen Tages waren :: SODOM :: ein absolut ein verdienter und letztendlich auch souveräner Headliner. Genau genommen bot die Band sogar das differenzierteste Song-Material der anwesenden Teutonic 4, wer hätte solch eine Entwicklung in den 80ern erwartet… Weiterhin etablierte sich während des Gigs ein permanenter Mosh-Pit, und die meisten Refrains wurden lauthals mitgegröhlt. Das kann man mindestens als gute Unterhaltung betrachten. Bei Blasphemer wurde zudem noch der damalige Gitarrist Grave Violator zur Unterstützung ausgebuddelt, ohne das es peinlich wurde. Ich hatte Schlimmeres (bzw. gar nichts) erwartet und wurde positiv überrascht.
[Dajana] Ja, genau! Auch ich war mehr als positiv überrascht! Ich fand SODOM richtig geil. Mehr noch… das Aussehen und die Art, wie Tom Angelripper da auf der Bühne stand, ließ mich ein ums andere Mal an Lemmy denken. Tom der neue Lemmy… wer hätte das gedacht! SODOM waren in der Tat ein würdiger Headliner des ersten ROCK HARD FESTIVAL Tages!
[Sui] Auch bei SODOM klang der Bass in den Rängen etwas schwachbrüstig, aber ansonsten ließ es der verdiente Headliner des Tages ordentlich krachen. Weniger hin und her auf der Bühne, mal abgesehen vom Grave Violator-Gastauftritt, dafür abwechslungsreichere und – zumindest sehe ich das so – auch bessere Songs als bei DESTRUCTION. Beim Publikum hatten die Jungs um den Angelripper eh Heimvorteil, den sie auch weidlich nutzten. SODOM ist live auch 2016 noch eine Bank.
Setlist: In War And Pieces, The Vice Of Killing, Outbreak Of Evil, Surfin' Bird/The Saw Is The Law, Nuclear Winter, M-16, Sacred Warpath, Proselytism Real, City Of God, Sodomy And Lust, Blasphemer (Grave Violator on 2nd guitar), Agent Orange, Stigmatized, Remember The Fallen // Ausgebombt

 

story • Psycho, Sui, BRT, Dajana • © Dajana & Dajana Winkel • Photography