HERALDER – Twilight Kingdom

 
Label: Twilight Zone
Release: 21.03.2008
Von: Joking
Punkte: 6.5/10
Time: 43:56
Stil: Epic Pagan Metal
URL: Heralder
 
2 Sängerinnen, ein Sänger, 5 weitere Musiker, die sich der “Vertonung von Mystik und Dramatik verschrieben haben” – so lautet die Selbstdarstellung HERALDERs. Ziemlich grimmig schaut die Band vom Booklet auf den Betrachter herab, so dass der Verdacht aufkeimt, das Saarland sei ansteckend und infiziere an sich freundliche und nicht unbegabte Menschen mit einem Virus, der sie den dunklen Geist des finsteren Mittelalters beschwören lässt. Ein Geist, in den weiten Gefilden der Fantasy-Literatur geboren und keine Reflektion einer kritischen Historienbewältigung. Da wimmelt es von Wanderern, Königinnen, Hexen, düstern Wäldern und finsteren Schlachtfeldern. Pathos und naive Naturmystik ergeben ein Konglomerat, das sich unglaublich wichtig nimmt in seiner kitschigen Banalität und das den Blick auf die gelungenen Komponenten nahezu versperrt. Eigentlich unnötig zu sagen, das wir uns im Bereich des Pagan-Metals befinden, in jener Abteilung, die ihren Hang zu Melancholie gerne „episch“ nennt und bereitwillig Folk- und Gothic-Mittelalter-Metalelemente zulässt. Die beiden Sängerinnen Tina Henschel und Steffi Gratz singen sehr überzeugend; eigenständige Stimmen, die nicht gleich die große Oper stürmen wollen, sondern rundum sympathisch und satt rüberkommen; Björn Hacket, der für den Kreischgesang, aber auch für cleane Vocals zuständig ist, macht seine Sache auch ganz ordentlich. Manchmal singt er ein wenig neben der Spur, aber nicht allzu abtörnend; lediglich wenn sein Gesang sich ins hehre Pathos aufschwingt, wird’s leicht albern; soll aber wohl zu den „großen“ Themen passen. Musikalisch bewegt sich die Band meist in gemäßigten Härtegraden, propere Keyboards sorgen für einen weichen Untergrund, der allzu harte Landungen automatisch abfedert. Gelungen sind vor allem die leisen, folkloristischen Momente, in denen HERALDER ein Gespür für eindringliche Melodien beweisen. Aber auch die schnelleren Passagen gehen in Ordnung, sie sind nicht sonderlich innovativ, aber gut durchhörbar. Schwer erträglich wird es mitunter, wenn sich zu viele Musiker und die gesamte Sängerschar vorm Aufnahmemikro treffen, das klingt dann wie ein Minnewettstreit in der Waldorfschule, den niemand gewinnen kann.
Wer Spaß hat an deftiger Musik, die sich an der eigenen Elegiebeschwörung erfreut, sich von den ausgelutschten Themen nicht abschrecken lässt, der darf Twilight Kingdom gerne sein Gehör widmen. Ein Faible für dichte Keyboardschwaden und mittelalterlich ausgerichtete Kneipen sollte allerdings vorhanden sein.
PS: Zwei Sängerinnen, zwei Musiker, die Benny und Björn heißen – gab’s da nicht schon mal was? Doch gerade textlich waren die namentlich Verwandten, dem hier Gebotenen meilenweit voraus.
PPS.: “Don’t fear the rising storm / the trees will keep us all“. Wo doch jedes Kind weiß, dass man bei Sturm und Gewitter Bäume meiden soll - nicht immer auf das hören, was uns die lieben Musikanten um die Ohren hauen!