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Sängerinnen, ein Sänger, 5 weitere Musiker, die sich
der “Vertonung von Mystik und Dramatik verschrieben haben”
– so lautet die Selbstdarstellung HERALDERs. Ziemlich
grimmig schaut die Band vom Booklet auf den Betrachter herab,
so dass der Verdacht aufkeimt, das Saarland sei ansteckend und
infiziere an sich freundliche und nicht unbegabte Menschen mit
einem Virus, der sie den dunklen Geist des finsteren Mittelalters
beschwören lässt. Ein Geist, in den weiten Gefilden
der Fantasy-Literatur geboren und keine Reflektion einer kritischen
Historienbewältigung. Da wimmelt es von Wanderern, Königinnen,
Hexen, düstern Wäldern und finsteren Schlachtfeldern.
Pathos und naive Naturmystik ergeben ein Konglomerat, das sich
unglaublich wichtig nimmt in seiner kitschigen Banalität
und das den Blick auf die gelungenen Komponenten nahezu versperrt.
Eigentlich unnötig zu sagen, das wir uns im Bereich des
Pagan-Metals befinden, in jener Abteilung, die ihren Hang zu
Melancholie gerne „episch“ nennt und bereitwillig
Folk- und Gothic-Mittelalter-Metalelemente zulässt. Die
beiden Sängerinnen Tina Henschel und Steffi Gratz singen
sehr überzeugend; eigenständige Stimmen, die nicht
gleich die große Oper stürmen wollen, sondern rundum
sympathisch und satt rüberkommen; Björn Hacket, der
für den Kreischgesang, aber auch für cleane Vocals
zuständig ist, macht seine Sache auch ganz ordentlich.
Manchmal singt er ein wenig neben der Spur, aber nicht allzu
abtörnend; lediglich wenn sein Gesang sich ins hehre Pathos
aufschwingt, wird’s leicht albern; soll aber wohl zu den
„großen“ Themen passen. Musikalisch bewegt
sich die Band meist in gemäßigten Härtegraden,
propere Keyboards sorgen für einen weichen Untergrund,
der allzu harte Landungen automatisch abfedert. Gelungen sind
vor allem die leisen, folkloristischen Momente, in denen HERALDER
ein Gespür für eindringliche Melodien beweisen. Aber
auch die schnelleren Passagen gehen in Ordnung, sie sind nicht
sonderlich innovativ, aber gut durchhörbar. Schwer erträglich
wird es mitunter, wenn sich zu viele Musiker und die gesamte
Sängerschar vorm Aufnahmemikro treffen, das klingt dann
wie ein Minnewettstreit in der Waldorfschule, den niemand gewinnen
kann.
Wer Spaß hat an deftiger Musik, die sich an der eigenen
Elegiebeschwörung erfreut, sich von den ausgelutschten
Themen nicht abschrecken lässt, der darf Twilight
Kingdom gerne sein Gehör widmen. Ein Faible für
dichte Keyboardschwaden und mittelalterlich ausgerichtete Kneipen
sollte allerdings vorhanden sein.
PS: Zwei Sängerinnen, zwei Musiker, die Benny und Björn
heißen – gab’s da nicht schon mal was? Doch
gerade textlich waren die namentlich Verwandten, dem hier Gebotenen
meilenweit voraus.
PPS.: “Don’t fear the rising storm / the trees will
keep us all“. Wo doch jedes Kind weiß, dass man
bei Sturm und Gewitter Bäume meiden soll - nicht immer
auf das hören, was uns die lieben Musikanten um die Ohren
hauen!