Ganze
13 Jahre ist es nun her, dass die Mannen um Thomas Gabriel Fischer
(damals noch Warrior) mit dem Best-Of Album Parched
With Thirst Am I And Dying ihren letzten Longplayer
veröffentlichten, der immerhin sogar zwei neue Stücke,
diverse Neuaufnahmen alter Klassiker und einige Raritäten
enthielt. In den Jahren davor hatten sich die zunächst
als Hellhammer firmierenden Schweizer als eine der Initiatoren
des späteren Death- und Black Metal-Booms etabliert und
mit den EPs Morbid Tales und Emperors
Return sowie dem Album To Mega Therion
absoluten Kultstatus erreicht. Noch heute zählen diese
Platten zur definitiven Pflichtübung für jeden, der
mit harter, dunkler Musik in Berührung kommt. Beinahe alle
der darauf enthaltenen Stücke besaßen neben einem
bis heute ernorm hohen Wiedererkennungswert auch eine besonders
markante, zwischen wilder Aggressivität und schwerer Düsternis
pendelnde Atmosphäre, die seitdem viele Bands immer wieder
vergeblich zu kopieren versucht haben. Trotz teilweise simpelster
Riffs schaffte die Band zudem das Kunststück, sich ständig
weiter zu entwickeln und immer neue Aspekte in ihre Musik zu
integrieren, ohne dadurch an Härte oder Ausstrahlung zu
verlieren. Dabei experimentierten CELTIC FROST
bereits auf To Mega Therion mit klassischen
Elementen (vor allem diversen Blechbläsern), lange bevor
die Verbindung von hartem Metal und klassischer Musik einem
breiterem Publikum zugänglich gemacht wurde.
Mit dem 1986 erschienen Album Into The Pandemonium
ging die Band dann gleich noch mehrere Schritte weiter; das
damals aus Tom G. Warrior, Martin Eric Ain und Reed St. Marc
bestehende Trio zeigte in beeindruckender Weise, das sich Progressivität,
Avantgardismus und ungewöhnliche Strukturen sehr gut mit
harter Kost vertragen, wenn man sich nur genügend Mühe
bei Komposition, Arrangement und Produktion gibt.
Leider folgte dann 1988 mit Cold Lake
ein derber Ausrutscher: bei der Auslotung musikalischen Neulandes
mit einhergehender Neubesetzung der Band verzockte sich Tom
G. Warrior und veröffentlichte ein Haarspray getränktes,
kompositorisch eher belangloses und völlig experimentfreies
Album, welches CELTIC FROST gehörigen
Kredit bei eigentlich allen Fans kostete, zumal auch kaum neue
Hörer dafür zu begeistern waren.
Nachdem Martin Ain anschließend wieder in die Band zurückkehrte,
folgte dann mit Vanity/Nemesis fast
schon erwartungsgemäß die stilistische Rolle rückwärts,
wobei das Songwriting zwar wieder härter wurde, dabei aber
insgesamt auch straighter und nicht mehr so progressiv wirkte.
Ein gutes Album, welches allerdings nicht in Gänze an alte
Glanztaten anschließen und den verspielten Kredit bei
den Fans nicht in ausreichendem Maße zurückgewinnen
konnte. Als Konsequenz und trotz sehr guter neuer Songs (wie
auf der oben erwähnten Kompilation zu hören) lösten
sich CELTIC FROST daher auf, um sich einzeln
neuen Herausforderungen zu stellen. Tom G. Warrior versuchte
sich eine Zeitlang mit Apollyon Sun, während Martin Ain
z.T. als Produzent (z.B. für die sehr geile zweite Sadness
CD) tätig war.
Irgendwie war das aber trotzdem nicht das Wahre, und so geisterten
vor ca. fünf Jahren die ersten Gerüchte über
ein neues, echtes CELTIC FROST Album durch
das Netz. Irgendwann wurden dieses Gerüchte dann auch bestätigt,
aber trotzdem dauerte es noch endlos lange, bevor sich ein Label
auf die vermutlich recht üppigen Kosten für die anstehende
Produktion einließ. Vor ca. einem Jahr veröffentlichte
die Band dann ein erstes neues Stück als Demo-Version;
dabei zeigte sich Ground merkwürdig un-heavy und
sehr Industriallastig, und obwohl das Stück an sich gar
nicht schlecht war, versprühte es so gar nicht das typische
Frost-Feeling, auf das ich wohl nicht als einziger gehofft hatte.
Century Media hatten
schließlich und letztendlich zugeschlagen, so dass ich
Monotheist nun wahrhaftig in den
Händen halte. Die Aufmachung ist in der Limited Edition
wirklich toll ausgefallen, mit einem düster-abgefahrenen,
hauptsächlich in schwarz-weißen Zwischentönen
gehaltenem Layout, dem kleinen Poster und der aufklappbaren
CD-Hülle. Aber euch interessiert wohl hauptsächlich
die Musik...
Und was soll ich sagen: CELTIC FROST haben
sich tatsächlich selber übertroffen und endlich
den würdigen Nachfolger ihres bisherigen, genreprägenden
Schaffens aufgenommen. Denn Monotheist
ist böse, dunkel, brutal, avantgardistisch, progressiv
und doch von perverser Heavyness; es verbreitet die gesamte
Palette zwischen totaler Hoffnungslosigkeit und stillen Momenten
des Lichts. Genauso wichtig ist aber auch, dass dieses Album
wieder unendlich polarisieren wird, denn Tom Gabriel Fischer,
Martin Ain und die neu hinzugekommenen Franco Sesa und Eric
Unala (der ja wohl schon wieder gehen durfte) gehen absolut
keine Kompromisse ein und reizen sämtliche Trademarks
der Band bis zum Extrem hin aus. Entweder man liebt diesen
Sound, oder man hasst ihn, aber gleichgültig dürfte
er niemanden lassen. Jedenfalls habe ich nur selten ein Album
gehört, welches über seine gesamte Spielzeit eine
so abgrundtiefe Stimmung aufgebaut und auch gehalten hat.
Bereits das erste Stück Progeny präsentiert
die Schweizer in Bestform: der typische, sofort zuzuordnende
Gesang, harte Gitarren mit den charakteristischen Riffs und
eine morbide Atmosphäre, wie sie halt nur eine Band auf
diesem Planeten hinbekommt. Auch Peter Tägtgren hat bei
der Produktion definitiv alles gegeben, die Gitarren z.B.
klingen ultratief und garstig und erinnern an To
Mega Therion, während der Sound insgesamt
unglaublich vielschichtig ist und alleine so schon eine Menge
musikalischer Ebenen eröffnet, die dann auch reichlich
ausgenutzt werden.
Das folgende Ground hätte ich beinahe nicht
wieder erkannt, so sehr unterscheidet sich diese Version von
der vorab veröffentlichten. Ein schwerer Heavy-Kracher
tönt da aus meinen Boxen, finster, brutal und doch mit
einem eingängigen Refrain versehen. Mit A Dying God
Coming Into Human Flesh gibt es dann zunächst einen
vermeintlichen Bruch. Das Stück beginnt extrem ruhig,
akustisch und mit cleanem Gesang, steigert sich aber mit den
so typischen, zähflüssig gedehnten Frost-Riffs immer
weiter und zerbirst schließlich in einem doomigen, mächtig
fieser Headbanger, der eigentlich niemanden unbewegt lassen
sollte. Wie Lava kriechen die Töne aus meiner Anlage,
langsam zwar, aber mit einer unaufhaltsamen Urgewalt, der
man einfach nicht entkommen kann.
Dabei ist für Abwechslung reichlich gesorgt: Drown
In Ashes (sehr experimentell und strange ausgefallen)
und Obscured (mehr hymnenhaft) bedienen mehr den
gothischen Stil der Band und würden jeder Death/Gothic
Rock-Band gut zu Gesicht stehen, der Bonus-Track Temple
Of Depression spielt mit Industrial-Elementen und klingt
so harsch wie Pitch Shifter zu Submit-Zeiten, Os Abysmi
Vel Daath ist kranker Doom pur, das sehr nach alten Klassikern
klingende Domain Of Decay und teilweise auch Ain
Elohim schließlich bieten schnelle Thrash-Riffs,
die sich aber natürlich immer im CELTIC FROST-Rahmen
bewegen. Besondere Aufmerksamkeit hat man ganz offensichtlich
auf die Gestaltung der Gesangspassagen gelegt, die abwechslungsreicher
kaum sein könnten und von Chören, männlichen
und weiblichen Clean Vocals über Narrations bis hin zu
derben Grunts und verzerrten Passagen alles abdecken, was
man sich nur vorstellen kann. Überhaupt gibt es bei jedem
Durchlauf neue Elemente oder Sounds zu entdecken, sowie neue
(weitere) Passagen, die eine fast schon zwanghafte Faszination
auslösen. Selbst die teilweise derben Rückkopplungsorgien
wirken immer zweck- und songdienlich.
Aber nicht nur in dieser Hinsicht hat sich die Band das Beste
für den Schluss aufgehoben, denn der musikalische Tryptych
hebt die Qualität von Monotheist
noch einmal enorm an. Los geht es mit dem elektronisch-noisigen
Totengott, welches nur gesprochene, verzerrte Vocals
enthält und wirklich krass rüberkommt. Danach folgt
mit Synagoga Satanae das vielleicht beste CELTIC
FROST Stück aller Zeiten. Geprägt von einer
unglaublichen Intensität, von gleichzeitiger Brutalität
und Schönheit, zelebriert die Band hier in mehr als 14
Minuten ein niemals langweilig werdendes Epos der Extra-Klasse,
welches in einem Maximum an Atmosphäre und in Riffs für
die Ewigkeit schwelgt. Wie auch beim Rest der Platte sind
viele harten Riffs eher doomig geprägt, was aber sehr
gut zum Gesamtsound und zum Konzept der CD passt. Fast möchte
ich da schon einen Vergleich zu Neurosis ziehen, die zwar
eigentlich ganz andere Musik machen, in ihrer Ausstrahlung
aber durchaus eine ähnliche Präsenz aufweisen. Nahtlos
geht dieses Ereignis dann in den Abschluss der Trilogie über:
das ausschließlich klassisch interpretierte Instrumental
Winter, welches eigentlich den letzten Teil von Rex
Irae (von Into The Pandemonium)
darstellt, mit seinen getragenen und von zum Sterben schönen
Melodien aber auch einen mehr als würdigen Vorhang über
dieses beeindruckende Werk ausbreitet.
Dazu gibt es noch Texte abseits der gängigen Klischees,
auch wenn diese vordergründig betracht durchaus thematisiert
werden. Zu jedem Track finden sich zudem interessante Liner
Notes, und die Liste der Gastmusiker ist ganz schön lang
ausgefallen, wobei sich der Aufwand und Einsatz in jedem Fall
gelohnt hat.
Falls es jemand
noch nicht gemerkt hat: ich bin restlos begeistert! Neben
der neuen Enslaved habe ich in diesem Jahr noch nichts besseres
gehört, und ich kann mich des Gefühls nicht erwehren,
dass dies auch noch eine ganze Weile so bleiben wird. 10 Punkte
sind daher wirklich mehr als verdient, auch wenn ich echt
gespannt bin, wie CELTIC FROST das alles
live umsetzen wollen (was ich mir direkt am nächsten
Wochenende sehr interessiert anschauen werde...).
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