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2007-09-08 DE – Koblenz - Festung Ehrenbreitstein

Dornenreich - Samsas Traum - Die Apokalyptischen Reiter - Tenhi - Spiritual Front - Neun Welten

Zum nunmehr sechsten Male wurde das ZWISCHENWELTEN FESTIVAL auf der atemberaubenden Festung Ehrenbreitstein ausgetragen und zum dritten Male durfte ich diesem fantastischen Ereignis beiwohnen. Organisator Steffen Weigel hat einmal mehr ein nicht zu verachtendes Line-Up zusammengestellt, wobei ich mich insbesondere auf TENHI gefreut habe, jene finnische Ausnahmeband, die mich schon seit Jahren absolut begeistert. Aber das schmälerte natürlich keineswegs die Attraktivität der anderen Bands ;)

Vor dem Festivalvergnügen kommt aber erst einmal die Anreise mit dem üblichen, damit verbundenen Chaos ;) Nein, mein Auto hat diesmal nicht den Geist aufgegeben... Alles lief eigentlich perfekt. Ich traf nahezu zeitgleich mit meiner Schwester und ihrem Freund am Hotel ein – die beiden sind seit dem letzten Jahr absolut von diesem Festival begeistert, kannten 2006 keine der Bands, taten sie auch 2007 nicht, sie kamen allein wegen der Örtlichkeit und der einzigartigen Stimmung auf dem Festival (na ja, und wegen dem Weizenbier mit Banane...) – um dann festzustellen, das jemand unsere seit Monaten bestätigte Hotelbuchung storniert hat. Fragezeichen? Genau... genauso haben wir auch geschaut... Glücklicherweise gab es noch genau 2 Zimmer in diesem Hotel, zum selben Preis und die erste Herzattacke war überstanden... ;)

Nach einem sehr leckeren Mal ging es mit dem ersten Shuttlebus und einem Haufen Schwarzfahrer wieder hinauf zur Festung. Das Wetter war kühl, der Himmel bleigrau, schwer und die Stimmung irgendwie trist. Glücklicherweise regnete es nicht, bis auf zwei kurze Nieselperioden mal abgesehen...

:: Foto ::

Den Nachmittag eröffneten :: NEUN WELTEN ::, ruhig und verträumt mit ihrer mittelalterlich-folkloristischen und akustischen Darbietung aus dem Debüt Vergessene Pfade und ganz neuen Stücken. Das Interesse war leider nur mäßig, viele Anwesende noch damit beschäftigt auf das Gelände zu gelangen und sich umzuschauen. Dafür war das Feedback der vor der Bühne Anwesenden umso erfreulicher und zauberte so manches Lächeln auf die Gesichter der Band. Aber ich muss gestehen, das solch Material auf einer großen Festival-Bühne nicht wirklich seine Magie entfalten kann. Passend zur Musik gab es auch visuell was zu sehen: Auf der Leinwand hinter der Band untermalten wunderbare Naturbilder die Musik.
Setlist: Der stille See, Auf kargem Fels, Walden, Nebelland, Svartalfheim, Destrunken 1+2, Heidenacht, Valg

Weiter ging es mit :: SPIRITUAL FRONT ::, die sich zunächst durch ein paar Soundprobleme kämpfen mussten, was zu einer leichten Verzögerung führte. Sänger Simone Salvatori lief die ganze Zeit im Skelett-Outfit herum und ließ Nichtwissende spekulieren, was sie musikalisch nun wohl zu erwarten hätten. Als die Band dann aber auf der Bühne stand, waren alle schwarz gekleidet, kontrastiert mit weißen Krawatten. Musikalisch gab es eher minimalistisch instrumentierten Gothic/Wave. Nett anzuhören, ein bisschen lebhafter als Neun Welten aber immer noch sehr ruhig. Auch hier blieb der Screen nicht ungenutzt, wurde die Show mit einem s/w Film untermalt. Höhepunkt war sicherlich das bereits im Vorfeld angekündigte Special: das „Duett“ mit Alexander Kaschke von Samsas Traum zu I Walk The (Dead) Line und einem weiteren Song aus dem Samsas Traum Repertoire. Die Fans waren begeistert, der Applaus enthusiastisch. SPIRITUAL FRONT hat das Feedback sichtbar gefreut ;)
Setlist: Cruisin', The Shining Circle, Bastard Angel, Jesus Died In Las Vegas, Cold Love In A Cold Coffin, Song For The Old Man, Ragged Bed, I Walk The (Dead) Line, Love Through Vaseline, No Kisses On The Mouth, Slave

Mit :: TENHI :: folgte für mich das erste Highlight des Festivals. Ok, war ja eigentlich auch zu erwarten... ;) Und natürlich war es ein tolles Konzert, jedenfalls für all jene, die in der Lage waren sich zurückzulehnen, die Augen zu schließen und die Musik zu genießen. Schon allein der sonoren Stimme von Tyko Saarikko zu lauschen ist ein Genuss. Die Musik von TENHI ist wie eine Insel, fernab jeder Hektik, selbst wenn man mittendrin sitzt; eine Reise ins Ich. Wunderschön, naturverbunden, spirituell und melancholisch. Sadness is beautiful!

Bevor ich zum zweiten Highlight komme, muss ich hier allerdings ein paar Worte einfließen lassen... Zum einen bleibt festzuhalten, dass bis hierhin drei nahezu akustische Bands aufgespielt hatten, die alle mehrheitlich saßen und damit ein sehr statisches Bild abgaben. Ohne Frage wunderbare Musik aber in dieser Konstellation nicht für ein Festival geeignet, zumal das Wetter sein übriges dazu tat, das man stimmungsmäßig regelrecht runtergezogen wurde. Selbst die Standinhaber beschwerten sich über mangelnde Umsätze...
Den zweiten Wermutstropfen lieferte der Organisator selbst, der hier dann eine kurze Ansprache hielt, den Fans viel Spaß bei den folgenden 3 Bands wünschte, mit dem Nachsatz, das es wahrscheinlich das letzte ZWISCHENWELTEN FESTIVAL gewesen sei!
Das musste erstmal realisiert und verdaut werden...

Die Thüringer :: DIE APOKALYPTISCHEN REITER :: schafften es dann aber schon in der Umbaupause die trüben Gedanken wegzuwischen. Denn auf einem Screen lief der ewige Kampf zwischen Wile E. Coyote und Road Runner in mehreren Geschichten und es dauerte gar nicht lange, bis die Anwesenden mit einem „meep, meep“ über den Platz liefen *lol*
Aber was dann folgte glich einem Sturm, der das Festival mal kräftig wachrüttelte. Eingeleitet vom Biene Maja Song – der übrigens begeistert mitgesungen wurde – donnerten die REITER mit Friede sei mit Dir los. Als zweite Riege im Fotograben bot sich dann schon ein imposantes Bild. Das ZWISCHENWELTEN FESTIVAL erreichte seinen Höhepunkt mit jedem Anwesenden vor der Bühne im Reitermania-Rausch. Die Absperrgitter neigten sich gefährlich und die Security hatte alle Hände voll zu tun, das wilde Treiben im Auge und das Gitter aufrecht zu behalten. Noch gefährlicher muss es von oben ausgesehen haben, so dass sich der Organisator genötigt sah, ein paar... öhm... beruhigende Worte an die Meute zu richten ;) Ihr wisst schon... ein bisschen mehr Rücksichtnahme, damit die Frontline am Leben blieb. Nützte aber nicht wirklich viel, denn die REITER intonierten danach Revolution. Zwischendrin wurde eine kreischintensive junge Dame auf die Bühne geholt, zu Dr. Pest in den Käfig gesteckt und dort angekettet ;) Zwei weitere Damen durften ein bisschen später mit Schlauchbooten zu Seemann auf den Köpfen der Fans um die Wette zum Mischpult und wieder zurück surfen. Auch diverse aufgeblasene Ballons fehlten nicht, um die Songs zu untermalen und das Publikum bei Laune zu halten.
Eine fantastische, energiegeladene Show, welche natürlich begeistert aufgenommen wurde und das Festival stimmungsmäßig gerettet hat. Muss man so sagen. Die REITER verabschiedeten sich mit ihrer eigenen Interpretation von Dschingis Khan (nachdem zunächst auf Anfrage „Spiderschwein“ gefordert wurde *g*). Ich glaub, so schnell und so heavy hab ich diesen Song bisher nicht gehört ;)

Mit :: SAMSAS TRAUM :: konnte ich bisher nie wirklich etwas anfangen, so dass ich mehrheitlich die Zeit nutzte, mir den Magen vollzuschlagen. Oder besser gesagt... um das Shisha-Zelt zu entern ;) Für Alexander Kaschke blieben also nur die Ohren... und die Eindrücken der vorbeiziehenden Fans. Ruhiger war es wieder geworden, musikalisch gesehen. SAMSAS TRAUM hatten keine Chance das zuvor erreichte Stimmungslevel zu halten, auch wenn die Band Song für Song auftaute und zugänglicher wurde. Mit Songs wie Einer gegen alle, Für immer, Endstation: Eden, Stromausfall im Herzspital oder Heute Nacht ist mein Tag ging diese Show reichlich unspektakulär zu Ende.

Eigentlich hatte ich erwartet, das :: DORNENREICH :: vor den Reitern spielen würden. Stattdessen beschlossen sie das Konzert mit einer mitternächtlichen Akustik-Performance, die für jede Menge Begeisterung sorgte, auch wenn sich die Reihen vor der Bühne deutlich gelichtet hatten. Ich hätte nicht gedacht, das die gewisperten und gehauchten Songs zu so später Stunde noch solche Magie entfalten und soviel Resonanz finden könnten. Und es gab auch neue Songs zuhören. Das einzige, was hier ein wenig störte war der "Lärm" von den Leuten vor und hinter der Bühne, der allzu deutlich durch das ruhige Set von DORNENREICH brach. Und zu guter Letzt gab es dann auch noch einen Heiratsantrag, der – wenn ich mich recht erinnere – von der Auserwählten auch angenommen wurde. Mit DORNENREICH in den Hafen der Ehe... ;)

Insgesamt war das ZWISCHENWELTEN FESTIVAL wieder eine wirklich schöne Angelegenheit. Rund 1200 schwarze Seelen erfreuten sich bei stabil gebliebenen Preisen an Bier, Wein und Absinth sowie diversen neue Leckereien in flüssiger wie fester Form ;) Dieses Mal gab es sogar ausreichend Drachenblut ;)
Kritikpunkte wären zum einen die geballte Ladung an „ruhigen“ Bands, die das Festival meiner Meinung nach stimmungsmäßig um einiges runtergezogen haben und zum anderen der Sound, der oftmals sehr unausgeglichen war. Will heißen, entweder der Gesang viel zu leise, oder der Bass viel zu laut, oder die Gitarren zu laut und das Schlagzeug zu leise... etc. Das hat Genuss doch ein wenig geschmälert.

Aber der wirklich traurige Aspekt ist die Tatsache, dass es das letzte Festival gewesen sein soll :(
Organisator Steffen Weigel hatte bisher alles im Alleingang aus den Boden gestampft und somit natürlich mit allerlei Unbill zu kämpfen. Das Organisieren frisst Zeit und kostet Nerven, die Festung zu buchen dürfte auch nicht das Einfachste sein, ganz zu schweigen vom finanziellen Aufwand und dessen Risiko, wenn es dann doch nicht 100%ig läuft bzw. man abhängig von Sponsoren und einer gewissen Menge an verkaufter Tickets ist.

Was bleibt ist der Aufruf an alle Fans des ZWISCHENWELTEN FESTIVALS sich was einfallen zu lassen, wie man Steffen überreden und unterstützen und wo man vielleicht ein paar neue Sponsoren auftreiben kann. In diesem Sinne hoffe ich... das wir uns im nächsten Jahr wiedersehen, zum ZWISCHENWELTEN FESTIVAL 7.

 

story & pics © Dajana