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2006-04-26 AT – Wien - Monastery

SADUS – ein Synonym für Kult, musikalische Genialität, alte Thrash-Tage und Fanfreundlichkeit. Wenn ich nicht aus Prinzip niemanden vergöttern würde, kämen mir noch ganz andere Vokabeln in den Sinn. Davor die Schweden DARKANE, die mich zwar auf CD nur teilweise begeistern können, live aber voll fahren und GORY BLISTER – ein bisher unbeschriebenes Blatt für mich. Schade nur, dass die genialen The Legion, die einen Teil der Tour mitmachten, in Wien nicht dabei waren. Meine Spannung und Vorfreude war trotzdem nicht gerade gering…

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…und sollte sich als mehr als berechtigt erweisen. Ich muss es gleich am Anfang sagen: ABSOLUTES HAMMER-KONZERT! Umso bedauerlicher, dass sich nur knapp 70 Personen (darunter u.a. die komplette Pungent Stench - Mannschaft, Tommy von Demolition und Kollege Robert Pöpperl vom Rock Hard) dazu einfanden, aber von denen hat sicher niemand sein Kommen bereut. Im Monastery können 70 Personen außerdem eh ordentlich Stimmung machen. Der Anteil der über 30-jährigen war aber jedenfalls deutlich höher als gewohnt

GORY BLISTER hatten noch nicht die ungeteilte Aufmerksamkeit des Publikums, konnten aber diejenigen, die bei der Sache waren, vollends überzeugen. Vor der Bühne wurde jedenfalls schon brav gebangt, als die Italiener eine Deaththrash-Rakete nach der anderen abschossen. Sowohl technisch als auch rhythmisch 1a, was da unter Auflockerung durch feine Solos und einige melodischere Passagen geboten wurde. Und die 4 können nicht nur musikalisch was, die Stücke reißen einen auch noch mit. Sänger Andry, der fast mehr Zeit vor als auf der Bühne verbrachte, wurde auch nicht müde, die Leute anzufeuern. Idealer Starter also, dessen Auftritt mich doch glatt gleich zum Kauf der CD Skymorphosis motiviert hat, nach deren Hören ich sagen kann, dass live die thrashige Seite der Band deutlich stärker zum Ausdruck gekommen ist.

Trotzdem war danach bei DARKANE ungleich mehr los. Und die machten auch gleich nochmal um ein Eck mehr Dampf. Schwerpunktmäßig gaben sie natürlich die Stücke der aktuellen CD Layers Of Lies zum Besten, wobei Godforsaken Universe und die Titelnummer die besten Reaktionen ernteten. Aber auch ältere Stücke wie July 1999 (super!) vom Debüt Rusted Angel oder Emanation Of Fear (vom Zweitwerk Insanity) wurden gespielt und ebenso bejubelt. Die Band war sichtlich motiviert, auf der Bühne herrschte ebenso viel Bewegung wie davor. Vor allem Bassist Jorgen Lofberg bangte sich fast den Schädel ab, während Sänger Anders Sydow die Meute eher mit Grimassen unterhielt – abgesehen von seinem sehr intensiven Gesang natürlich. Mir ist das ganze ja eine Spur zu modern, was aber nichts dran ändert, dass das Energieniveau vieler Anwesender (inklusive mir) langsam aber sicher in Sadus-würdige Dimensionen angehoben wurde. Den Schlussstrich unter die 50 Minuten volle Post setzte dann der Expanded Senses-Kracher Innocence Gone. Wirklich eine starke Leistung der Schweden, die auch (ansagetechnisch) die anderen beiden Gruppen würdigten.

SADUS hatten sich aber auch wirklich würdige Vorgruppen ausgesucht. Die waren aber dann doch weitgehend vergessen, als die Meister selbst unter großem Beifall die Bretter betraten. Was sich die folgenden 80 Minuten abspielte, kann man nur als Thrash-Virtuosität bezeichnen. Bei dieser Geschwindigkeit auf derartigem Niveau zu agieren - ich würde sagen, da sind in Valhalla mal die Plätze neben Chuck Schuldiner vorreserviert. Das Tolle bei dieser Band ist, dass sie es drauf haben, erstens ihr enormes technisches Können songdienlich zu verarbeiten, zweitens gleichzeitig keine Abstriche von ihrem musikalischen Anspruch zu machen müssen und drittens, dass dabei noch absolut mitreißende und (größtenteils) bang-kompatible Thrash-Knaller herauskommen. Wohl wissend, dass die Leute in erster Linie wegen der zahlreichen Klassiker gekommen waren, schmiss man dennoch zu Beginn mit dem Titelstück, danach Down und dem völlig genialen Sick gleich 3 Nummern der aktuellen Scheibe Out For Blood unters lechzende Volk, bevor mit Crutch und dem Uraltstück Kill Team (vom 86er Death To Posers – Demo) an der Reihe waren. Steve DiGiorgio zauberte uns wie erwartet tolle Dinge auf seinem Bass vor, auf übermäßige Solo-Eskapaden wurde aber bewusst weitestgehend verzichtet. Daneben rief er auch noch die Samples ab und klimperte an den wenigen notwenigen Stellen am Keyboard herum. Offensichtlich waren die Herren bester Laune, vor allem besagter Herr DiGiorgio, der den Großteil der Ansagen übernahm, riss Schmähs am laufenden Band. Darren Travis (v, g) stand dabei aber keineswegs in der zweiten Reihe, der wurde mindestens genau so abgefeiert, während Jon Allen im Hintergrund sehens- und hörenswerte Rhythmusteppiche ausrollte. Die 2 Mal gestellte Frage „do you want a new or an old one“ wurde immer ziemlich eindeutig beantwortet. Stücke von sämtlichen Scheiben kamen zum Zug, auch wenn leider die Klassiker Fuel, Twisted Face und Power Of One aus der Setlist gestrichen wurden. Aus der Swallowed In Black – Phase wurden nacheinander In Your Face und Good Ridnz gespielt, bevor weitere neue Stücke zum Zug kamen und man danach mit Mask und Unreality nochmal auf 2 von der Elements Of Anger zurückgriff (die aber für keinerlei Ärger sorgten). Trotzdem flaute die lange Zeit sehr hoch gewesene Energie der Fans langsam doch merklich ab, was sich aber spätestens nach der letzten neuen Nummer No More ändern sollte, als Herr Travis bei Sadus Attack mit seiner Gitarre im Publikum herumspazierte und sich dabei fast schon Angus Young – artig auf einem Spielzeug austobte. Mit Through The Eyes Of Greed und Certain Death brachte man die Leute noch einmal richtig auf Hochtouren, dann war Schluss. Steve und Darren mischten sich noch ein Weilchen unters Volk.

Beim Kulturverein Kaltenbach war man danach über die geringe Besucherzahl verständlicher Weise nicht gerade erfreut. Ansonsten aber waren die Gesichter durchaus glücklich, war sich doch die Mehrheit bewusst, hier ein Konzert miterlebt zu haben, das man einfach nur als genial bezeichnen kann. Mehr fällt mir da echt nicht ein. Muss man einfach gesehen haben. Wer nicht dort war, kann einem nur Leid tun.

 

story & pics © Gunnar