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2008-12-06 DE – München - Backstage Werk

Temperaturen um den Gefrierpunkt und ein grässlicher Schneeregen empfangen die angereisten Fans, die bereits kurz vor Einlass eine ellenlange Schlange vor dem Backstage bilden. Vorfreude herrscht unter jenen, die eine der heiß begehrten Eintrittskarten im Vorverkauf erstehen konnten, verzweifelte Gesichter sieht man aber auch einige – die Karten waren bereits über eine Woche vor Konzerttermin restlos ausverkauft, und das, obwohl sich zeitlich rund um den OPETH Gig einige Hochkaräter wie Enslaved, Satyricon oder Moonspell dazu entschlossen haben, München ebenfalls unsicher zu machen. Dies beweist eindrucksvoll, wie angesagt die Schweden momentan sind, denn mit rund 30 € ist der Eintrittspreis alles andere als günstig.

Vom zeitigen Ansturm der Fans profitieren die beiden Vorbands THE OCEAN und CYNIC.
Die Multikultitruppe aus Berlin kann bei einem Teil des Publikums durchaus einiges bewegen. Im Vorfeld habe ich noch nichts von den Jungs gehört, bin dann doch etwas überrascht angesichts der Durschlagskraft ihrer Songs, welche durch eine sehr beherzte Liveperformance deutlich verstärkt wird. Für meinen Geschmack fehlt mir ein wenig das Originelle im Sound, der zuweilen an den noisigen Rock von Cult Of Luna oder an den apokalyptischen Doom von Neurosis erinnert. Dennoch gehen einige Fans bereits ab und verabschieden :: THE OCEAN :: nach einer knappen halben Stunde mit wohl verdientem Applaus.

Die zweite Band im Billing sind die Amis :: CYNIC :: , die als ewiger Geheimtipp 1994 erstmals zu Grabe getragen wurde, nachdem der Bassist Sean Malone die Band verlassen hatte. 2007 stand die Band dann für viele völlig überraschend wieder auf den Brettern und durchstreiften Europa auf einer kleinen (Festival-)Tournee.
Anhand einer Menge CYNIC Shirts kann man heute im Publikum sachte den Beliebtheitsgrad der Frickelkünstler der anspruchsvollen Art ersehen – was auch zeigt, dass nicht unbedingt alle Anwesenden nur wegen dem Hauptact angereist sind.
Dass die Amis auf der Bühne keine großartige Show mit Handstand und dergleichen bieten würden, sollte jedem von vornherein klar sein. Denn hier wird nicht nur jazzig gefrickelt, sondern nahezu jeder Song hat neben gefühlten 150 Riffs auch noch so viele Sounds bzw. Effekte im Gitarren-, Bass und Gesangsbereich zu bieten, was höchste Konzentration der Musiker erfordert. Und das wirkt sich dahingehend aus, dass die überwiegend neuen Lieder technisch einwandfrei umgesetzt werden und die Fans sich kaum zurückhalten können. Diejenigen jedoch, die mit den Songs nicht vertraut sind, blicken gebannt in Richtung Bühne und bewundern die Skills der Musiker. Ein Funke will dabei jedoch nicht überspringen, denn zu statisch sind die Jungs damit beschäftigt, ihre Instrumente zu bedienen. Zudem ist Paul Masvidals (der zusammen mit CYNIC Schlagzeuger Sean Reinert Chuck Schuldiner beim Götteralbum Human unter die Arme griff) Stimme sehr eigen. Nichtsdestotrotz ein gelungener Einstieg, auch wenn für mich persönlich die halbe Stunde Spielzeit völlig ausgereicht hat.
Songlist: Nunc Fluens, The Space For This, Evolutionary Sleeper, Celestial Voyage, Adam’s Murmur, King Of Those Who Know, Integral Birth

Die beiden Bands waren im Vergleich zu dem, was jetzt kommen wird, nur schmückendes Beiwerk. :: OPETH :: sind seit Jahren eine der ganz großen Nummern im Metal Bereich und schon seit jeher ein Garant für vorzügliches Liveentertainment. Und die Schweden sind auch heute wieder bestens aufgelegt, wie mir der gut gelaunte Keyboarder Per bei einem Gespräch kurz vor Einlass bestätigt. Die „Neuen“ Fredrik und „Axe“ sind ja jetzt auch schon seit einiger Zeit mit dabei, weswegen ich mir keine Sorgen mache, dass die beiden noch nicht richtig integriert worden sind. Denn das sind sie definitiv, wie der folgende Auftritt eindrucksvoll beweisen wird.
Die Band entert zu den letzten Klängen des Intros (auch diesmal wurde als Verbeugung vor den deutschen Ausnahmekrautrockern Popol Vuh ein Stück des schaurig-schönen Nosferatu Soundtracks gewählt, wobei die Wahl auf das aufwühlende Through Pain To Heaven fiel) die Bühne und als die ersten Töne von Heir Apparent ertönen, ist das Münchner Publikum nicht zu bremsen. Die Band spürt das und liefert dem dankbaren Publikum eine intensive Show als Gegenleistung, die Kommunikation zwischen Band und Fans funktioniert prima. Vor allem Mikael ist wieder klasse aufgelegt und stellt seine Entertainerqualitäten einmal mehr unter Beweis. Weiter geht’s mit dem Ghost Reveries Hit The Grand Conjuration. Der Song hat sich als Livegranate erwiesen und ist bei einem OPETH Konzert gar nicht wegzudenken. Hitgespickt verläuft der Rest des Auftritts, egal ob es sich dabei um den Nackenbrecher Deliverance mit seinem Jahrhundertoutro, Hope Leaves als kurze Verschnaufpause oder The Lotus Eater mit dem gewagten, aber äußerst effektiven Cleangesang über den Blastbeats (der Song fordert mit seinen schnellen Wechseln zwischen cleanen und gebrüllten Vocals einiges von Mikael ab – für den Frontmann aber kein Problem!) handelt. Für Fans älterer Alben fiel die Wahl diesmal auf Godhead’s Lament vom Still Life Album und Demon Of The Fall (My Arms, Your Hearse), der Bandhymne schlechthin, welcher auch den Schlusspunkt des regulären Gigs setzt. Das Münchner Publikum lässt sich aber nicht so leicht abspeisen und fordert lautstark nach einer Zugabe. OPETH belohnen das Publikum, indem sie sich mit The Drapery Falls vom bis zu diesem Zeitpunkt völlig außer Acht gelassenen Blackwater Park Album endgültig verabschieden.
Songlist: Heir Apparent, The Grand Conjuration, Godhead’s Lament, The Lotus Eater, Hope Leaves, Deliverance, Demon Of The Fall // The Drapery Falls

Bleibt abschließend festzuhalten, dass das bunt gemischte Publikum von jung bis alt voll auf ihre Kosten kam, auch wenn die Songauswahl von OPETH zu einem gewissen Grad vorhersehbar war. Die beiden Supportbands CYNIC und THE OCEAN wurden vom Publikum fair behandelt, haben mit Sicherheit auch den einen oder anderen neuen Fan hinzugewonnen. So muss das sein!

 

story © Haris