Europe Rigor Mortis Part II
Bei all den ganzen Festivals bekommt man ja immer wieder die eine oder andere Band zwischendrin in heimeligen Club-Shows zu sehen. Schließlich wollen die Bands zwischen den Wochenenden das Spielen nicht verlernen ;)
Ok, Scherz beiseite. Schließlich muss auch unter der Woche noch ein bisschen Geld reinkommen. Gerade bei Bands, die über den einen oder anderen Teich kommen und keine reguläre Tour um die Festivals herum gebucht haben. Das führt zu manch illustrem Package und gibt außerdem lokalen Bands die Chance, mal mit ein paar bekannten Namen die Bühne zu teilen und sich somit auch einem größeren Publikum zu präsentieren.
Das Mittsommer-Wochenende hatte es dabei ordentlich in sich. Es war soviel los, dass man gar nicht wusste, wo man denn nu zuerst hingehen sollte. Andererseits… als großer CARCASS-Fan, fiel die Entscheidung dann doch recht schnell und recht leicht ;)
Und da stand ich nun im :: Bochumer Eventcenter ::. Hier war ich noch nie. Ist das neu?
Ah… Warte… Moment mal… Hah! Hier war ich doch schon ein-, zweimal! Vor mehr als 30 Jahren. Krass. Das Bochumer Eventcenter ist das ehemalige Tarm Center, eine Nobeldisco in den 90igern. Damals wohnte ich hier noch quasi um die Ecke. Nun hat man das Gebäude saniert und wieder aktiviert und versucht, das alte Flair wieder herzustellen. Da wundern dann auch der Hochglanzboden und die Glitzertoiletten nicht mehr ;)
ABER: Hier gab’s auch Klimaanlagen! Bei 33°C Außentemperatur war es drinnen recht angenehm :)
Und hier sollten nun CARCASS, WALLS OF JERICHO und PHANTOM CORPORATION im großen „Saal“ namens Pott Perle spielen… hahahaha. Sorry, das ist schon lustig, oder?
Am Ende war der Laden mit ca. 700 Leuten gut voll und die Welt am Merch noch in Ordnung. Shirts für 25 Euro (oder 15 Euro), LS 35 Euro und Zipper 45 Euro. Und das Brit- und Ami-Bands. Geht doch! (ich hab später erfahren, dass Shirts beim NIN Konzert mal eben 60 Euronen gekostet haben - wat ne Abzocke!)!
Hier gab’s zwar Verzehrkarten, aber in verschiedenen Preiskategorien bei fairen Getränkepreisen – war auch ok.
Manko war sicherlich die Security, die hier zum ersten Mal einem Metal Konzert beiwohnte (ich glaube, das war überhaupt das erste Metalkonzert in dieser Location). Man hatte die Jungs zwar instruiert, das aufkommende Moshpits keine aggressiven Prügeleien wären - was man ihnen nicht gesagt und gezeigt hatte, war, dass man Crowdsurfer auffangen muss. Zum Glück gab es davon nur einen einzigen, der am Ende selber in den Graben sprang, ohne sich oder jemanden dabei zu verletzen.
:: Fotos :: PHANTOM CORPORATION ::

Kommen wir nun zur Mucke. Super pünktlich, ultra brutal und mit höllischer Geschwindigkeit ging es zum Aufwärmen (als wäre es nicht schon heiß genug draußen…;)) mit :: PHANTOM CORPORATION :: los.
Für Fronter Leif Jensen ist das quasi die Nachfolgeband von seinen verblichenen Death/Thrashern Dew-Scented, auch wenn sich beide Bands gründungstechnisch ein wenig überschneiden – der Rest der Band zockt normalerweise bei den Emdener Death Metallern von Weak Aside (die ich ebenfalls sehr gerne mag), die eigentlich 2019 ad acta gelegt wurden, nun aber doch weitermachen.
Das PHANTOM CORPORATION Debüt Fallout gab es im Juni 2023, von dem der Großteil der Songs stammte. Der Rest waren ältere EP- oder Splits-Tracks.
PHANTOM CORPORATION knüppelten sich so schnell durch ihr 35 Minuten-Set, dass sie vor der Zeit fertig waren und, quasi als Zugabe, noch einen Song dranhängen konnten. Death Crust the brutal way eben ;)
Die Bühne war geräumig, Sound und Licht waren in dieser ex-Disse unerwartet gut. Hinten kamen die Bässe deutlich besser rüber, während vor der Bühne der Sound ein bisschen zu klinisch klang.
Ich würde mal behaupten, ein großer Teil der Meute kannte PHANTOM CORPORATION nicht und waren auch einigermaßen von der Crust-Walze überfordert, so dass das Feedback eher sparsam ausfiel. Oder es war den meisten zu warm, um sich auf diese Hochgeschwindigkeits-Rauferei einzulassen.
Insgesamt eine sehr kurzweilige Show. Und ein Longsleeve musste hinterher dann auch noch mit :) Yep, das hat Spass gemacht!
Band: Leif Jensen (vox), Arne Berents (git), Philipp Schulte (git), Marc Bräutigam (git, live), Ulf Imwiehe (bass), Mücke ( drums)
Setlist: Liberty In Death, Border Wars, Dead Inside, Vortex Of Torment, Insurgents, Gridlock, Spiritual Arsonists, No Tomorrow, Distress // Alongside Hell
:: Fotos :: WALLS OF JERICHO ::

Ja, :: WALLS OF JERICHO :: hab ich auch schonmal live gesehen. Vor Ewigkeiten. Auf einem Festival, meine ich. Hach, 2009 war’s, beim Vainstream, zu Hause in Münster. Gut, dass man dem Live-Gedächtnis immer mit dem Archiv des Magazins auf die Sprünge helfen kann ;)
Es scheint insgesamt recht ruhig um die Band geworden zu sein. Die Alben werden quasi im 8 Jahre Takt veröffentlicht, das letzte, No One Can Save You From Yourself, stammt aus 2016. Wie die Band aus Detroit hier zulande live unterwegs ist, also in Europa, hab ich nicht so auf dem Schirm.
Die Hardcore-Punks um die quirlige rothaarige Frontröhre Candace machten den Laden plötzlich rappelvoll. Noch vor dem ersten Song rief Candace zu Moshpits auf und direkt mit dem Opener, The American Dream, drehte sich selbiger auch schon. Bei diesem Song machte sich Candace dann auch erstmal Luft über “ihren“ Präsidenten und seine Idiotien.
WALLS OF JERICHO spielten sich ebenfalls rasend schnell durch all ihre fünf Alben und brachten das Eventcenter ordentlich zum Kochen und Brodeln, während Candace gewohnt wie ein Flummi über die Bühne oder auch schonmal ins Publikum hopste. Die Frau läuft Halbmarathons (neben dem Gewichtheben), für sie ist das vermutlich nur ne Aufwärm-Phase. Das Publikum aber kam ordentlich ins Schwitzen ;) Diese Band versprüht pure und rohe Energie! Der Pegel erreichte hier also seinen Höchststand.
Superpünktlich angefangen, superpünktlich aufgehört, nach exakt 35 Minuten. Kein neuer Song, kein Ausblick auf ein vielleicht neues Album.
Und kaum dass die letzte Note verklungen war, fand sich Candace auch schon wieder am Merch ein und signierte fleißig Devotionalien ;)
Das war in der Tat eine verdammt intensive Show! Hatte ganz vergessen, wieviel Spass WALLS OF JERICHO live machen. Der Vorteil bei WALLS OF JERICHO ist, dass sie immer wieder in groovige Parts verfallen, so dass man ordentlich ans moshen und headbangen kommt, bevor es dann wieder schnell und aggressiv weitergeht. Hätte auch gern ein bisschen länger sein dürfen, das Set.
Band: Candace Kucsulain (vox), Chris Rawson (git), Mike Hasty (git), Aaron Ruby (bass), Dustin Schoenhofer (drums)
Setlist: The American Dream, A Trigger Full Of Promises, I Know Hollywood And You Ain't It, All Hail The Dead, There's No I in Fuck You, A Little Piece Of Me, No One Can Save You From Yourself, Forever Militant, Why Father, A Day And A Thousand Years, Feeding Frenzy, Reign Supreme, Relentless, Playing Soldier Again, Revival Never Goes Out Of Style
:: Fotos :: CARCASS ::

Danach musste erstmal was Kühles her. Die Pott Perle lichtete sich währenddessen doch merklich, viele Fans waren offenbar nur für Walls Of Jericho gekommen.
:: CARCASS :: ließen sich etwas mehr Zeit, bevor sie auf die Bühne kamen, und gaben dann ein recht merkwürdiges Bild ab.
Jeff Walker, inzwischen grau und kurzhaarig (ich hab die zuletzt 2022 auf dem PSOA live gesehen), sah in weißem Hemd und Jeans aus, als käme er gerade vom Strand, während Bill Steer wie vom sonntäglichen Hippie-Sofa gezerrt wirkte, dem man die Tea-Time verweigerte.
Die Band war an den Tagen zuvor beim Graspop und beim Copenhell und wirkte, ehrlich gesagt, recht müde und lustlos. CARCASS spielten eine solide aber routinierte Show – der Funke wollte nicht wirklich überspringen. Die Tracks aus Frühphase der Band brachten noch ein bisschen Leben und Energie in die Bude (hach, wie ich diesen Twin-Guitar-Sound liebe), bei den neueren Sachen blieb das Feedback eher mau.
Die Setlist war gut gemischt, von jedem Album war was dabei. Eine typische Festival-Setlist eben, auf Nummer sicher und ohne Überraschungen. Fand ich insgesamt schon enttäuschend, da half nicht mal die rosa Fanbrille. CARCASS hab ich auch schon sehr viel besser erlebt. Schade.
Nichtsdestotrotz bleibt ein schöner Konzertabend in einer ausgefallenen Location.

Band: Jeff Walker (vox, bass), Bill Steer (git), Nippy Blackford (James - git), Daniel Wilding (drums)
Setlist: Unfit For Human Consumption, Buried Dreams, Kelly's Meat Emporium, Incarnated Solvent Abuse, No Love Lost, Tomorrow Belongs To Nobody/Death Certificate, Dance Of Ixtab, Black Star/Keep On Rotting In The Free World, Genital Grinder, Pyosisified (Rotten To The Gore), Tools Of The Trade, The Scythe's Remorseless Swing, 316L Grade Surgical Steel, This Mortal Coil, Corporal Jigsore Quandary // Exhume To Consume, Ruptured In Purulence/Heartwork
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