ORIENT EXPRESS – Illusion

 
Label: My Kingdom Music
Release: 05.09.2007
Von: Joking
Punkte: 8.5/10
Time: 54:34
Stil: Atmospheric Psychedelic Indie-Rock
URL: Orient Express
 
Der Bandname führt unweigerlich auf eine falsche Fährte. Mit ORIENT hat die Musik nichts zu tun, und der EXPRESS wird auch selten bemüht. Das Tempo der Songs bewegt sich meist in moderaten Bahnen, es gibt Verweise auf Früh-Siebziger Psychedelic – ab und an mit leichten Blues-Anleihen, von Ferne grüßen die Doors -, sowie alternativen Singer-Songwriter Rock der Neunziger. Witos Stimme und Gestus erinnern ungemein an Gavin Friday, den ehemaligen Sänger der Virgin Prunes, dessen chansoneske Solowerke der Musik des ORIENT EXPRESSes recht ähnlich sind.
Manchmal zieht das Tempo in Stücken wie Madness oder Prison Head an, fügt sich aber nahtlos in die düstere Ausrichtung des gesamten Albums ein, eine Düsternis, die dem verregneten Seattle des Grunge näher steht, als elegischen Metal-Spielarten. ORIENT EXPRESS geben ihren Songs Zeit sich zu entwickeln, ohne endlos zu zerfasern, sie nutzen die Laufzeiten von vier bis achteinhalb Minuten für wohltemperierte emotionale Stimmungs- und Wechselbäder. Neben Witos Gesang ist auch die instrumentale Begleitung wohl geraten; Wito selbst ist ein mehr als passabler Bassist und Gg beherrscht sowohl zurückhaltendes Saitenanreißen wie angriffswütige Attacken, Drums und atmosphärische Keyboards passen sich ökonomisch ins Klangbild ein. Die Synthies flirten schon mal mit ambienten Soundscapes und Pablo an den Drums beherrscht vor allem eine leicht verschleppt- polterig klingende Spielweise, die lässig wirkt, aber präzise umgesetzt wird und bei schnelleren Passagen ordentlich Dampf machen kann. Sehr empfehlenswertes Album - man sollte nur nicht, aufgrund des Bandnamens und der Covergestaltung Spacerock in der Nähe der Ozric Tentacles erwarten. Dafür ist die Illusion bei allen trippigen Momenten zu erdverbunden.

PS.: Die Reduzierung der Bandmitglieder auf Vornamen im Booklet und Infomaterial, die Labels wie My Kingdom Music oder Trustkill anscheinend gerne betreiben oder zumindest zulassen, ist etwas nervig, vermittelt sie doch das Gefühl Berichterstatter für ein Boygroup-Fanzine zu sein.