Hierbei handelt es sich um ein mir völlig unbekanntes Duo
aus dem Land der letztjährigen Olympischen Sommerspiele,
welches nun sein Debüt-Album vorlegt. Im beiliegenden Presse-Info
ziemlich mutig mit Verweisen auf Dead Can Dance und My Dying Bride
angepriesen, beschloß ich, mir zuerst einmal eine gesunde
Portion Skepsis zu eigen zu machen.
Da man aber
trotzdem nur ein Gefangener seines eigenen Unterbewußten
ist, gestalteten sich die ersten Durchläufe eher zäh.
Judy Chiara hat zwar eine sehr schöne Stimme, ist jedoch
vom Ausdruck einer Lisa Gerrard meilenweit entfernt. Zum Glück
versucht sie aber auch gar nicht erst, in diese Richtung zu tendieren,
sondern beschränkt sich auf die "normale" Gothic-/Medieval-Stilistik,
was ihr durchaus gut gelingt. Die mehr hintergründig, fast
schon spärlich eingesetzten Gothic-Metal-Elemente sind recht
unspektakulär und leiden unter dem breiigen Gitarrensound,
den man in der laut Info einjährigen Produktionsphase eigentlich
besser hätte hinkriegen können/müssen. Wie um dieses
Manko auszugleichen, sind die Gitarren zumeist weit nach hinten
gemixt. Statt dessen dominieren wesentlich besser produzierte
Akustikgitarren, Pianoklänge und weitflächige Keyboardsounds
sowie Chöre das Geschehen, womit gekonnt eine sehr ruhige
und getragene Atmosphäre geschaffen wird, die sich vielleicht
mit dem Begriff angenehme Melancholie umschreiben lässt.
Passend dazu findet man auch bei den wenigen Einsätzen von
Simon Gruer nur cleane Vocals vor, und angedeutete orchestrale
Bombastmomente sind so dezent ausgefallen, daß man beim
Kuscheln kaum vor Schreck von der Couch fallen wird. Die Ausnahme
bildet der Track Qlipoth, der ohne Vorwarnung mit wildem
Schlachtgetümmel einsetzt, sich dann aber schnell wieder
beruhigt.
Überhaupt
muß man sagen, daß die Stärke von The
Secret Kingdom ganz klar im Bereich der getrageneren
Klänge liegt. Und wer bisher den Eindruck hatte, daß
mir Avrigus gar nicht so gut gefallen, den muß ich leider
korrigieren. Insgesamt betrachtet handelt es sich nämlich
um ein durchaus gelungenes Album, das trotz der seit einigen Jahren
andauerenden Gothic Metal-Überflutung mehr als hörenswert
ist! Da stimmt einfach die Mischung aus geschickt eingesetzten
harten Gitarren, mittelalterlichen Einflüssen, Dark Ambient,
elegischen Melodien und dem weiblichen Gesang. Als Beispiele seien
hier nur Dark Angel's Ascension und Til Death Do
Us Unite genannt, die geschickteste Mischung wird jedoch
bei dem bereits erwähnten Qlipoth zelebriert. Unbedingt
Erwähnung finden sollte allerdings auch noch die wundertraurige
Akustik-Ballade Veritas.
So, und bevor
ich jetzt noch selber anfange, irgendwelche anderen Bands als
Vergleich zu nennen (das hättet ihr wohl gerne: erst lästern
und sich dann selber in die Nesseln setzen...), vergebe ich lieber
trotz kleinerer Bedenken in der A-Note (E-Gitarrensound) 8 Punkte.
Avrigus
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